UH59: Kurzschulung: Unfälle vermeiden

UMSETZUNGSHILFE Nr. 59
Kurzschulung: Unfälle vermeiden

 

Juli 2014, Diese UH als PDF downloaden

Endlich Feierabend, Sie fahren der Sonne entgegen und hören den Verkehrsfunk:
„Auf der A5 ist ein Unfall passiert!“

Was ist an dieser Meldung falsch?
Unfälle passieren nicht, Unfälle werden verursacht. Unwetter passiert, Erdbeben passen. Darauf haben wir keinen Einfluss. Unfälle haben eine Ursache – und diese Ursachen können wir beseitigen.
Wie Sie Unfälle in Ihrem Unternehmen dauerhaft reduzieren, zeigt Ihnen die UH24: Arbeitsunfälle vermeiden. Diese Umsetzungshilfe hilft Ihnen, Ihre Mitarbeiter zu sicherem Verhalten zu mobilisieren. Dazu müssen Sie zum Äußersten greifen und mit Ihren Mitarbeitern reden. Diese Umsetzungshilfe unterstützt Sie bei der Schulung Ihrer Mitarbeiter zum Thema „Unfälle vermeiden.“ Planen Sie 90 Minuten ein; dann haben Sie ausreichend Zeit für Diskussionen. Diese Kurzschulung ersetzt nicht die jährliche Sicherheitsunterweisung, aber sie erhöht deren Wirksamkeit.
Ein redaktioneller Hinweis:
Antworten, Tipps oder das Ziel der jeweiligen Frage sind kursiv gedruckt.

1. Wann wird ein Unfall an die Berufsgenossenschaft meldepflichtig?

Wie können wir feststellen, ob wir bei der Sicherheitsarbeit besser oder schlechter als andere Unternehmen sind?
An Hand der sogenannten 1000-Mann Quote.

Wie berechnet sich die 1000-Mann-Quote?
(Anzahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle × 1000 Mitarbeiter)/Anzahl der Vollbeschäftigten

Wann ist ein Unfall meldepflichtig?
Die Meldepflicht besteht bei Unfällen, die zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als 3 Tagen führen. Der Unfalltag wird nicht mitgezählt. Machen Sie mit den Mitarbeitern eine Übung am Flipchart. Visualisieren Sie die Antworten der Mitarbeiter am Flipchart.

Richtig:
U1 wird am Freitag meldepflichtig.

U2 wird am Sonntag meldepflichtig, da Kalendertage zählen.>U2 und U3 zeigen, dass die Dauer der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entscheidet.
Kommt U2 Montag wieder zur Arbeit ist der Unfall nicht meldepflichtig. Kommt der U3 Montag wieder zur Arbeit ist der Unfall meldepflichtig.

2. Wie vermeiden wir einen meldepflichtigen Arbeitsunfall?

Im Fall des U4 stellen wir fest, dass dieser Unfall meldepflichtig ist. Können wir den meldepflichtigen Arbeitsunfall U4 noch verhindern?
Wenn der Mitarbeiter am Freitag kommen würde, wäre der Unfall nicht meldepflichtig. Tatsächlich darf der Mitarbeiter arbeiten kommen, wenn er sich selber für arbeitsfähig hält (siehe UH58: Darf man trotz AUB seine Arbeit aufnehmen?
)
Warum ist die Anzahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle überhaupt relevant?
Durch den meldepflichtigen Unfall erhöhen sich die Pflicht-Beiträge der Berufsgenossenschaft (BG) für das Unternehmen. Für den Mitarbeiter hat es keine Auswirkungen, ob der Unfall meldepflichtig wird oder nicht. Spätere Folge-Erkrankungen aus diesem Unfall sind durch die Berufsgenossenschaft abgesichert.

Damit haben Sie die Kennzahl verbessert und die BG Beiträge gesenkt, aber noch nicht tatsächlich Unfälle reduziert. Trotzdem ist dieser erste Schritt sehr wertvoll, da die Mitarbeiter sensibler mit dem Thema Unfälle umgehen.
Um die Motivation zu sicherem Verhalten zu erhöhen, erklären Sie die TOP Analyse:

3. Die TOP-Analyse

Was sind die drei Hauptursachen für Verkehrsunfälle in Deutschland?

  • Überhöhte Geschwindigkeit
  • Alkoholeinfluss des Fahrers
  • Zu geringer Sicherheitsabstand

Die Berufsgenossenschaft kategorisiert die Ursachen für meldepflichtige Arbeitsunfälle in drei Kategorien: T = technische Ursache, O = organisatorische Ursache, P = persönliche Ursache.
Wo fällt überhöhte Geschwindigkeit rein?
Wo fällt Alkoholeinfluss rein?
Wo fällt zu geringer Sicherheitsabstand rein?

Wie viel Prozent aller Unfallursachen kommen aus dem persönlichen Bereich?
Fast neun von zehn Verkehrsunfällen sind auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen (Statistisches Bundesamt, 2013).

Und wo treffen wir die Maßnahmen?

Berichten Sie von einem typischen Problem in Ihrem Unternehmen, dass Sie versucht haben technisch zu lösen. Zum Beispiel eine Tür, die verschlossen sein soll, aber ständig offen steht.
Was tun wir, damit die Tür zu ist? => Automatischer Tür-Schließer

Am nächsten Tag finden wir einen Keil unter der Tür => Keil wegnehmen

Am nächsten Tag ist ein neuer Keil da => Ein Schild anbringen

Am nächsten Tag steht die Tür trotzdem offen. => Ein Alarm wird installiert, der auslöst, falls die Tür länger als eine Minute offen steht.

Am nächsten Tag ist der Alarm überbrückt …

Wenn wir persönliche Ursachen stets mit technischen Maßnahmen beantworten, entsteht kein sicheres Verhalten. Das Gegenteil ist der Fall. Der Mitarbeiter wähnt sich sicher und neigt zu riskanterem Verhalten (ABS, Airbag und weitere technische Verbesserungen am Auto führen zu einer riskanteren Fahrweise der Autofahrer).

4.  90% aller Unfälle haben persönliches Verhalten als Ursache.

Wenn 90% aller Unfälle persönliches Verhalten zur Ursache haben, wo müssen wir dann die Maßnahmen treffen?
Im persönlichen Bereich.

Und was sind persönliche Maßnahmen?

„Wir sollten mit den Mitarbeitern reden!“
Gehen Sie ans Flip Chart und bauen Sie mit den Teilnehmern Schritt für Schritt die „Eskalationspyramide“ auf.

„Was soll ich machen, wenn der gleiche Mitarbeiter drei Wochen später das gleiche Fehlverhalten wieder zeigt?“

Nochmals reden ist zu wenig, also Gespräch mit Notiz.
„Was soll ich machen, wenn der gleiche Mitarbeiter drei Wochen später das gleiche Fehlverhalten wieder zeigt?“ und so weiter …

Gemeinsam mit den Teilnehmern werden die möglichen Konsequenzen, die ein Fehlverhalten haben kann besprochen. Dann werden die Fehlverhalten aufgelistet, die es in Zusammenhang mit Arbeitssicherheit gibt.
Nun besprechen Sie, welche Fehlverhalten in Zukunft zu welchen Konsequenzen führt. Und das in einem Augenblick, in dem sich niemand falsch verhalten hat. So entsteht ein gemeinsames Verständnis, wie in Zukunft mit Fehlverhalten im Bereich Arbeitssicherheit umgegangen wird, egal, wie konsequent oder inkonsequent in der Vergangenheit gearbeitet wurde.

5. Wie soll sich der Mitarbeiter in der Dilemma-Situation zwischen Sicherheit und Produktivität verhalten?

Was ist wichtiger, Sicherheit oder Produktivität?
Wir wollen Beides: Sicherheit und Produktivität!

Nur wie soll der Mitarbeiter in der Dilemma-Situation handeln, wenn er sich zwischen Sicherheit und Produktivität entscheiden muss? Was ist dann Ihre Erwartung? Soll der Mitarbeiter in die laufende Maschine greifen, um ein Bauteil im Wert von 50.000 Euro zu retten?
Jetzt müssen Sie als Vorgesetzter Ihre Erwartung erklären. Wenn Sie null Unfälle möchten, dann muss Ihre Antwort: „Nein“ lauten. Nichts ist es wert, dass sich ein Mitarbeiter im Unternehmen verletzt.

Der Mitarbeiter erhält so die Sicherheit, dass er sich in Zukunft im Dilemma für Arbeitssicherheit und gegen Produktivität entscheiden darf. Ohne diese gelebte Erwartung wird der Mitarbeiter sich auch in Zukunft weiter unsicher verhalten, wenn er im Dilemma steckt.
Fragen Sie am Ende Ihrer Schulung, was die Teilnehmer als zentrale Botschaft aus der Schulung mitgenommen haben. Sollten Kernbotschaften fehlen, passen Sie Ihre Schulung beim nächsten Mal entsprechend an.
Viel Erfolg bei der Umsetzung.
Enrico Briegert + Thomas Hochgeschurtz
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