UH79: Tauschen wir Krankheit gegen Urlaub?

Tauschen wir Krankheit gegen Urlaub?

 

Sie sind Führungskraft und planen gerade die Spätschicht, als einer Ihrer Mitarbeiter anruft:
„Chef, mir geht es gar nicht gut!“
Reflexartig sagen viele Vorgesetzte:
„Dann geh doch zum Arzt!“
Jetzt sagt der Mitarbeiter: „Danke, Chef.“ Und geht zum Arzt. Wer hat den Mitarbeiter nun zum Arzt geschickt?
Wer hat Verantwortung für die Arbeitsfähigkeit oder Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters übernommen? Und wer ist verantwortlich? Wie Sie in Zukunft mit solchen Anrufen umgehen, erfahren Sie in dieser Umsetzungshilfe:
„Chef, mir geht es gar nicht gut. Aber ich habe noch so viel Resturlaub – trag mir doch einen Tag Urlaub ein!“

1. Welche Gründe kann ein Mitarbeiter haben, um diesen Tausch zu wollen?

Wir haben in unseren Seminaren nachgefragt und folgende Antworten erhalten:

1.1  Der Mitarbeiter hat für den Tag keinen Urlaub bekommen

1.2  Der Mitarbeiter will nicht erneut arbeitsunfähig sein, da er schon oft arbeitsunfähig war

1.3  Der Mitarbeiter will nicht zum Arzt

1.4  Der Mitarbeiter ist nicht arbeitsunfähig

1.5  Der Mitarbeiter ist arbeitsunfähig

1.1 Der Mitarbeiter hat für den Tag keinen Urlaub bekommen

Sollten wir den Tausch dann zulassen? Auf keinen Fall! Das Erschleichen von Urlaubstagen unter der Androhung von Arbeitsunfähigkeit dürfen wir nicht zulassen. Urlaub wird vom Vorgesetzten gewährt. Arbeitsunfähigkeit wird vom Mitarbeiter angezeigt.

1.2 Der Mitarbeiter will nicht erneut A.U. sein, da er schon oft arbeitsunfähig war

Der Mitarbeiter will seine Statistik „sauber“ halten. Regelmäßige einzelne Fehltage sind ein Warnsignal für beeinflussbare Arbeitsunfähigkeit.
Wir empfehlen mit Mitarbeitern, die „vom Mitarbeiter beeinflussbare Arbeitsunfähigkeit“ haben, ein Fehlzeitengespräch zu führen. Im Fehlzeitengespräch muss der Mitarbeiter Maßnahmen festlegen, die seine Arbeitsunfähigkeiten reduzieren. Um das zu vermeiden, will er lieber einen Urlaubstag in seiner Statistik.
Das wäre kein guter Grund für uns Vorgesetzte den Tausch von Urlaub gegen A.U. zuzulassen.

1.3 Der Mitarbeiter will nicht zum Arzt

Warum will der Mitarbeiter nicht zum Arzt? Weil er nicht arbeitsunfähig ist. Und dem Arzt etwas vorzuspielen macht keinen Spaß.
Oder weil er in der Arztpraxis lange Wartezeiten fürchtet. Wenn der Mitarbeiter ernsthaft erkrankt ist und er ärztliche Hilfe benötigt, würde er die Wartezeit in Kauf nehmen.
Also auch das wäre kein Grund, den Tausch zuzulassen.

1.4 Der Mitarbeiter ist nicht arbeitsunfähig

Der Mitarbeiter will mit seinen Kindern in den Freizeitpark. Wenn er arbeitsunfähig geschrieben ist, befürchtet er, von einem Kollegen oder Bekanntem gesehen zu werden. „Arbeitsunfähigkeit“ und gleichzeitig „Freizeitpark“ kommen bei Kollegen und Vorgesetzten nicht gut an.
Ein weiterer Grund, der für uns Vorgesetzte nicht akzeptabel ist.

1.5 Der Mitarbeiter ist arbeitsunfähig

Ihr bester Mitarbeiter hat seit Jahren keinen Tag Arbeitsunfähigkeit. Nun hat es auch Ihn erwischt. Er ist unbeeinflussbar arbeitsunfähig. Nun will er (weil er ein guter Mitarbeiter ist) seine Arbeitsunfähigkeit mit Urlaub kompensieren.
Der Urlaub dient der Erholung, nicht dem Auskurieren von Arbeitsunfähigkeit.
Das wäre also auch kein guter Grund, dem Tausch zuzustimmen.
Wir fassen zusammen: es gibt keinen guten Grund, dem Angebot des Mitarbeiters zuzustimmen, seine Arbeitsunfähigkeit gegen Urlaub zu tauschen.
Mit dieser Gewissheit gehen Sie in Zukunft in solche Gespräche mit den Mitarbeitern.

2. Wie reagiere ich in Zukunft auf solche Anfragen?

„Chef, mir geht es gar nicht gut. Aber ich habe noch so viel Resturlaub – trag mir doch einen Tag Urlaub ein!“
Fragen Sie: „Was ist das?“
Der Mitarbeiter soll sagen, was er will. Unterlassen Sie Fragen, wie:
„Bist Du krank?“
„Was hast Du denn?“
Der Mitarbeiter soll sagen, ob es sich um einen Urlaubsantrag handelt, oder um eine Information über eine Arbeitsunfähigkeit. Oft drücken sich Mitarbeiter an dieser Stelle nicht klar aus. Haben Sie Geduld, legen Sie dem Mitarbeiter nichts in den Mund.
Wiederholen Sie einfach Ihre Frage: „Was ist das?“

2.1  Mitarbeiter will Urlaub
2.2  Mitarbeiter informiert über Arbeitsunfähigkeit
2.3  Mitarbeiter will erst Urlaub und informiert dann über seine Arbeitsunfähigkeit

2.1  Mitarbeiter will Urlaub

Dann prüfen Sie, ob Sie noch Urlaub geben können. Sie tun dies unabhängig von den Signalen des Mitarbeiters, dass es Ihm nicht gut geht. Wenn Sie Urlaub geben können, geben Sie Urlaub.
Wenn Sie keinen Urlaub geben können, geben Sie keinen Urlaub.

2.2       Mitarbeiter informiert über Arbeitsunfähigkeit

Wenn der Mitarbeiter sagt, dass er arbeitsunfähig ist, wünschen Sie ihm gute Besserung. Fragen Sie bitte nie, was er hat. Der Mitarbeiter darf Ihnen alles antworten: die Wahrheit, dass er Ihnen das nicht sagen will, aber auch wissentlich die Unwahrheit.
Zu einer korrekten „Krankmeldung“ gehört die Aussage, dass der Mitarbeiter arbeitsunfähig ist und voraussichtlich wie lange. Alles Wissenswerte zur Informationspflicht finden Sie in der UH75: Anzeige der Arbeitsunfähigkeit.

2.3 Mitarbeiter will erst Urlaub und informiert dann über seine Arbeitsunfähigkeit

Der Mitarbeiter fragt mit Hinweis auf seine Arbeitsunfähigkeit nach Urlaub. Sie überhören den Hinweis auf A.U. und fragen, was das ist? Nach mehreren Wiederholungen Ihrer Frage (da der Mitarbeiter sich nicht klar äußert), sagt der Mitarbeiter: „Kann ich einen Tag Urlaub haben.“
Sie lehnen ab.
Nun sagt der Mitarbeiter: „Dann gehe ich jetzt zum Arzt.“
Sagen Sie nun bitte: „Das schreibe ich jetzt genauso auf. Du hast um einen Tag Urlaub gebeten. Ich habe den Tag abgelehnt und dann hast du dich arbeitsunfähig gemeldet. Über dieses Gespräch unterhalten wir uns morgen um 9 Uhr in der Personalabteilung!“
Vielen Mitarbeitern ist es nicht bewusst, dass es sich bei ihrem Verhalten um angekündigte Arbeitsunfähigkeit handelt. Sie können das Vorgehen des Mitarbeiters abmahnen.
Lassen Sie den Tausch von Arbeitsunfähigkeit gegen Urlaub oder Gleitzeit nicht zu!

Viel Erfolg bei der Umsetzung. Enrico Briegert & Thomas Hochgeschurtz

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