Umsetzungshilfe Nr. 82: Die Fehlzeitendurchsprache

Die Fehlzeitendurchsprache

Welche Rolle spielt die Personalabteilung bei der Reduzierung krankheitsbedingter Fehlzeiten?
Viele Unternehmen sehen die Kennzahl „Krankenstand“ im Bereich der Personalabteilung. Den größten Einfluss auf den Krankenstand eines Mitarbeiters hat jedoch nicht die Personalabteilung, sondern der direkte Vorgesetzte.
Die Reduzierung krankheitsbedingter Fehlzeiten ist die Aufgabe des direkten Vorgesetzten. Diese Aufgabe ist nicht delegierbar.

Dabei kann die direkte Führungskraft jedoch nur einen Teil der Fehlzeiten reduzieren: Zunächst ist immer zu unterscheiden, ob krankheitsbedingte Fehlzeiten vom Mitarbeiter beeinflussbar sind, oder sie vom Mitarbeiter nicht beeinflussbar sind. Die direkte Führungskraft ist für die Reduzierung der beeinflussbaren Fehlzeiten verantwortlich.

Was hindert Führungskräfte an der Reduzierung beeinflussbarer Fehlzeiten? In der Praxis stellen wir zwei Probleme fest:

  1. Der Führungskraft fehlen die Fähigkeiten und Methoden geeignete Gespräche zu führen, bzw. geeignete Schulungen mit den eigenen Mitarbeitern durchzuführen.
  2. Die Führungskraft hat kein Interesse an Gesprächen oder Schulungen zum Thema Krankenstand, da sie negative Auswirkungen auf andere Kennzahlen befürchtet, die der Führungskraft und dem Management wichtiger sind (z. B. Produktivität oder Liefertreue).
    So wird z. B. ein Mitarbeiter regelmäßig zu freiwilligen Überstunden am Samstag angefragt. Der Meister will mit diesem Mitarbeiter kein Fehlzeitengespräch führen, da er den gleichen Mitarbeiter zwei Tage später fragen muss, ob er Samstag aushelfen kann.

Das erste Problem lässt sich mit geeigneten Schulungsmaßnahmen lösen:

1.: Mit der Basis-Schulung erlernt die Führungskraft das notwendige Rüstzeug. Dabei lernt die Führungskraft auch, wie er die Motivation in seinem Bereich beeinflussen kann.
2.: Mit dem Train-the-Trainer-Tag trainiert die Führungskraft die Durchführung der Kurzschulung (FK schult eigene Mitarbeiter) nach Umsetzungshilfe 42
3.: Mit dem Gespräche nach A.U.-Training trainiert die Führungskraft die verschiedenen Gespräche in Zusammenhang mit Arbeitsunfähigkeit, wie z. B. Fehlzeitengespräche, Begrüßungsgespräche und Anerkennungsgespräche.

Das zweite Problem ist deutlich schwieriger zu lösen, da viele operative Führungskräfte glauben, durch persönliche Gespräche mit betroffenen Mitarbeitern, mehr Schaden anzurichten, als für sich etwas Positives zu erreichen.
Wenn also die blau und grün geschriebenen Bausteine aus der obigen Grafik nicht zum Erfolg führen, dann meistens, weil die direkten persönlichen Gespräche der Führungskraft mit den Mitarbeitern einfach nicht erfolgen.
Hier kommt nun die Personalabteilung ins Spiel und steuert den Gesamt-Prozess „Fehlzeiten reduzieren“ mit Hilfe der Fehlzeiten-Durchsprache.

Die Fehlzeiten-Durchsprache dient zum einen der gemeinsamen Einschätzung, ob die Fehlzeiten eines Mitarbeiters von ihm beeinflussbar sind und zum anderen welche konkrete Maßnahme bis zum nächsten Termin erfolgt sein muss. Die Fehlzeiten-Durchsprache dauert bei guter Vorbereitung durch den direkten Vorgesetzten ca. 15 Minuten je Führungskraft.

1. Die Teilnehmer und ihre Rollen

Der operative Personalreferent lädt zur Fehlzeiten-Durchsprache ein, moderiert diese und verfolgt die Beschlüsse und Ergebnisse. Die Fehlzeiten-Durchsprache sollte alle 3-4 Monate durchgeführt werden.
Die operativen Führungskräfte (Meister, Gruppenleiter) berichten in der Fehlzeiten-Durchsprach über ihr Team. Dabei sollen zwei Personengruppen im Vordergrund stehen:

  1. Die 2-3 Mitarbeiter, die die meisten Fehltage (in Lohnfortzahlung) haben
  2. Die 2-3 Mitarbeiter, die die häufigste Anzahl an A.U.-Meldungen haben

Der Betrachtungszeitraum für die Auswahl der Personen sind die letzten 1-2 Jahre. Vorzubereiten sind von der Führungskraft die Fehltage (in Lohnfortzahlung) und A.U.-Meldungen der letzten drei Kalenderjahre zusätzlich zum laufenden Jahr.

Die Abteilungsleiter der Führungskräfte nehmen teil, um den Umgang ihre Führungskräfte mit dem Gesamt-Prozess „Fehlzeiten reduzieren“ einschätzen zu können. Der Abteilungsleiter greift ein, wenn er den Eindruck hat, dass seine Führungskraft den Prozess auf Grund der oben erwähnten Probleme nicht vorantreibt. Das kann er während der Fehlzeiten-Durchsprache durch gezieltes fragen, oder später in einem persönlichen Gespräch. Die Abteilungsleiter nehmen auch teil, um sicherzustellen, dass die Aufgabe der Fehlzeitenreduktion in den Händen der operativen Führungskraft bleibt.

Der Personalleiter ist „Advocatus Diaboli“ und stellt die unangenehmen Fragen, falls diese von den anderen Teilnehmern nicht gestellt werden. Des Weiteren übernimmt er in wenigen Einzelfällen auch Aufgaben. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es sich um vom Mitarbeiter nicht beeinflussbare Fehlzeiten handelt, aber trotzdem Maßnahmen geplant werden.

2. Das Ergebnis

2.1 Das Fehlzeitengespräch

Das häufigste Ergebnis der Fehlzeiten-Durchsprache ist das Fehlzeitengespräch nach UH38. Wurde mit dem Mitarbeiter in der Vergangenheit bereits ein Fehlzeitengespräch nach UH38 geführt und hat dieses nicht zum Erfolg geführt, wird sich zunächst das Protokoll des Gesprächs angeschaut. Dabei ist zu überprüfen, welche konkrete Maßnahme beschlossen wurde und gemeinsam überlegt, warum kein Erfolg eingetreten ist. Auf Grundlage der gemeinsamen Diskussion wird die nächste Maßnahme festgelegt. Dies ist häufig ein weiteres Fehlzeitengespräch durch den direkten Vorgesetzten.

Wichtig: Die Durchführung von Fehlzeitengesprächen ist nicht delegierbar. Fehlzeitengespräche werde immer durch den direkten Vorgesetzten geführt, nicht durch den Abteilungsleiter oder den Personalreferenten. Diese nehmen auch nicht an den weiteren Fehlzeitengesprächen teil.
Bitte begrenzen sie die Anzahl der Fehlzeitengespräche. Aus der Fehlzeiten-Durchsprache sollten für jede einzelne Führungskraft maximal 2-3 Fehlzeitengespräche als Maßnahme definiert werden. Priorisieren sie nach Erfolgswahrscheinlichkeit. Also immer zuerst mit den Mitarbeitern sprechen, die offensichtlich „vom Mitarbeiter beeinflussbare Fehlzeiten“ haben.

2.2 Tolerieren

Die Teilnehmer stellen fest, dass die Fehlzeiten des Mitarbeiters nur vorübergehend sind, z. B. durch einen Sportunfall. Oder die Ursache ist bekannt und wird als nicht-beeinflussbar eingeschätzt.
Manchmal gibt es auch Mitarbeiter, die einfach in Ruhe gelassen werden sollen. Dann entscheiden die Teilnehmer der Fehlzeiten-Durchsprache das die Fehlzeiten der entsprechenden Person für einen definierten Zeitraum toleriert werden.
Dann wird die direkte Führungskraft auch nicht ständig wegen zu hoher Fehlzeiten kritisiert.

2.3 Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)

In Betrieben in denen das BEM nicht etabliert ist, kann bei Mitarbeitern, die in den letzten zwölf Kalendermonaten mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig waren, das BEM vorgeschlagen werden. Die Fehlzeitendurchsprache eignet sich auch, um die anstehenden BEM-Gespräch zu priorisieren. Der BEM-Prozess wird effizienter, wenn man sich auf die Mitarbeiter konzentriert, bei denen das BEM Erfolg verspricht.

2.4 Weitere Maßnahmen

In ganz seltenen Fällen kommt das Team der Fehlzeiten-Durchsprache zu der Entscheidung, dass eine weitere Beschäftigung an dem gegebenen Arbeitsplatz nicht sinnvoll erscheint. Im Allgemeinen ist die Versetzung eine typische Maßnahme des BEMs, aber es kann vorkommen, dass der lange BEM Prozess abgekürzt werden soll.
Dann wird ein Gespräch mit dem Mitarbeiter beschlossen, bei dem die relevanten Gruppen mit dem Mitarbeiter versuchen, eine gemeinschaftliche Lösung zu finden. Bei einem solchen Gespräch hat dann die Personalleitung mit dem Abteilungsleiter die Verantwortung.

3. Die Umsetzung

Bitte messen Sie die Kennzahl „Krankenstand“ je Führungskraft und nicht die Umsetzung der Maßnahmen durch die Führungskraft. Viele Unternehmen überprüfen akribisch (Prozesskontrolle) die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen. Wir empfehlen konsequent die Beobachtung des Krankenstands von Vorgesetzten.
Verantwortlich für die Reduktion des Krankenstands ist immer der direkte Vorgesetzte. Wichtiger ist es die Führungskräfte tatsächlich am Krankenstand zu messen. Hohe Krankenstände sind ein Zeichen für schlechte Mitarbeiterführung.
Wenn es einer einzelnen Führungskraft trotz oben beschriebener Ausbildung und der Unterstützung durch die Fehlzeiten-Durchsprache nicht gelingt, den Krankenstand innerhalb von zwei Jahren zu senken, dann versetzen sie diese Führungskraft auf ein anderes Team oder führen Sie sie zurück in eine Fachfunktion.

Lassen sie schlechte Führung nicht zu.

Viel Erfolg bei der Umsetzung.
Enrico Briegert & Thomas Hochgeschurtz

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