Umsetzungshilfe Nr. 84: Greifen Sie zum Äußersten, reden Sie mit Ihren Mitarbeitern. Trainertipps

Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Botschaften Ihre Mitarbeiter auch wirklich erreichen?
Wir empfehlen, dass Sie zum Äußersten greifen und mit Ihren Mitarbeitern direkt kommunizieren.

In der Regel ist Ihr Ziel Einsicht bei Ihren Mitarbeitern zu erzeugen. Und Einsicht entsteht im Kopf des zu Überzeugenden, also müssen Sie Fragen stellen. In Ergänzung zur UH 32 „Wer richtig fragt, führt“, beinhaltet diese Umsetzungshilfe konkrete Tipps für erfolgreiche Trainings und Informationsveranstaltungen.

Insbesondere sind diese Trainertipps für die Kurzschulungen zur Reduktion von Fehlzeiten und Arbeitsunfällen entstanden:
UH 42: Kurzschulung: Fehlzeiten reduzieren als gemeinsames Ziel
UH59: Kurzschulung: Unfälle vermeiden

1. Medium

Wir empfehlen zwei Flipcharts, die vorher nicht beschrieben sind.

Aufwändig gestaltete Powerpoint-Präsentationen oder Videos mögen zwar Eindruck schinden, führen jedoch zu sofortiger Konsumentenhaltung der Anwesenden.

Wenn Sie Ihre Zuhörer tatsächlich überzeugen wollen, müssen sie mitdenken. Sie müssen eingebunden werden.

Ein weiterer Nachteil exakt vorbereiteter Präsentationen ist die Geschwindigkeit des Referenten. Einsicht benötigt Zeit. Da der Referent seine Präsentation kennt, geht er in der Regel zu schnell vor. Entsprechend schnell sind die Anwesenden verloren.

Durch das Benutzen eines Flipcharts benötigt der Referent Zeit zum Schreiben. Diese Zeit dient dem Zuhörer zum Nachdenken, die er braucht, um Einsicht zu entwickeln.

2. Fragen, Fragen, Fragen … einfache Fragen stellen

Sie aktivieren das Gehirn Ihrer Zuhörer, indem Sie fragen. Die drei häufigsten Fehler des Fragenden sind:

2.1 Unpräzise Fragen:

„Wodurch passieren Unfälle?“
Besser: „Was ist die Hauptursache für Verkehrsunfälle in Deutschland?“
Je präziser Sie fragen, desto wahrscheinlicher erhalten Sie eine brauchbare Antwort.

2.2  Doppelfragen:

„Wodurch passieren Unfälle? Oder besser: Warum werden Unfälle verursacht?“

Bei einer Doppelfrage weiß der Befragte nicht welche Frage er beantworten soll. In der Regel beantwortet er die für sich leichtere Frage. Sind die Fragen gleichwertig, beantwortet er die zweite Frage, da er die erste meistens schon wieder vergessen hat.

Besser: Immer nur eine Frage stellen.

2.3  Ungeduld bei Antwort:

Je besser eine Frage, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Befragte nachdenken muss. Dadurch entsteht eine Denkpause. Den meisten Moderatoren fehlt es jedoch an der Geduld, diese Pause auszuhalten. Häufig wird dann die nächste Frage gestellt.

Besser: Pausen aushalten. Deuten Sie die Pause als Kompliment: Sie haben bei Ihren Mitarbeitern den Denkprozess gestartet. Gönnen Sie ihm die Denkpause. Zur Not Trainertipp 3 nutzen.

3. Personen direkt ansprechen

Wohl der effektivste Moderatorentipp, wenn Schulungen stocken. Oft kommen die Teilnehmer mit einer gewissen Konsumentenhaltung in die Schulung. Schon bei den ersten Fragen des Referenten kommt keine Antwort aus der Gruppe.

Sprechen Sie dann Teilnehmer direkt an: „Herr Brüggel, was meinen Sie, ist Krankheit digital oder analog?“

Aber bleiben Sie fair, nennen Sie zuerst den Namen des Teilnehmers und fragen Sie dann. Wenn Sie einen unaufmerksamen Teilnehmer zuerst die Frage stellen und dann seinen Namen nennen, haben Sie ihn vor der Gruppe bloßgestellt und verloren. Wenn Sie zuerst den Namen nennen, dann wird er aufmerksam und hat noch die Chance über Ihre Frage nachzudenken und zu antworten.

Diese Methode hat den zusätzlichen Vorteil, dass Sie die Aufmerksamkeitsspanne aller andere Teilnehmer erhöhen.

4. Gegenfragen nicht beantworten

Moderator fragt: „Wie viele Tage Arbeitsunfähigkeit pro Jahr sind normal?“
Mitarbeiter: „Chef, wie viele Tage waren Sie letztes Jahr arbeitsunfähig?“
Moderator: „Das tut ja nichts zur Sache.“
Mitarbeiter: „Und Chef, wie viele Tage waren es?“
Moderator: „Ich glaube fünf.“

Was ist passiert? Der Chef hat die Gegenfrage beantwortet und dadurch die Führung abgegeben. Besser ist es, auf die Beantwortung der eigenen Frage zu achten:
Moderator: „Das war eine Gegenfrage. Bitte beantworten Sie meine Frage. Also, wie viele Tage Arbeitsunfähigkeit pro Jahr sind normal?“

5. Binden Sie die Teilnehmer ein

5.1 Übernehmen Sie die Antwort des Teilnehmers

Das Flipchart macht Sie flexibel. Wenn ein Teilnehmer Ihre Frage im Sinn richtig beantwortet, aber nicht exakt Ihre gewünschte Antwort gibt, schreiben Sie den exakten Wortlaut des Teilnehmers auf das Flipchart. Dies empfinden Ihre Teilnehmer als Wertschätzung und es wird ihre Schulung.

Beispiel: Sie fragen: „Wer ist schuld an den schlechten Arbeitsbedingungen?“ und Sie erwarten „Vorgesetzter“ als Antwort. Der Teilnehmer sagt: „Führungskräfte.“ Dann schreiben Sie „Führungskräfte“ auf das Flipchart.

5.2 Nicht weiter moderieren, wenn der Zielbegriff gefallen ist

Der Moderator hat einen Zielbegriff, zum Beispiel: „Motivation.“ Einer der Teilnehmer antwortet „Motivation.“ Der Moderator fragt die nächste Person und nimmt die Antwort nicht auf.

Was denken in diesem Augenblick die Teilnehmer? Sie denken, dass die Antwort falsch war. Wie wahrscheinlich ist es jetzt noch, dass die Antwort „Motivation“ nochmal kommt? Immer wieder reden sich Moderatoren um Kopf und Kragen, weil sie die Zielantwort nicht sofort aufnehmen und danach Schwierigkeiten haben, die Antwort erneut zu erhalten. Vermeiden Sie diese Falle: Wenn Ihr Zielbegriff gefallen ist, aufschreiben und sich bei der Person bedanken.

6. Kurztipps

  • Den ersten Satz einer Präsentation immer auswendig lernen und sicher aufsagen. Das gibt Sicherheit.
  • Immer zur Gruppe sprechen, nicht zum Flipchart (touch-turn-talk). Lassen Sie sich Zeit. Die Teilnehmer brauchen auch Zeit, um Ihre Inhalte zu verstehen.
  • Wiederholungen sind gut, nicht böse. Der Mensch lernt von Wiederholungen. Eine neue Botschaft muss mehrfach gehört werden, bis sie verstanden wird.
  • Grundsätzlich alle Formen der Selbstoffenbarung vermeiden. Beispiel: „Ich bin nervös.“ „Meine Schrift ist unleserlich.“ Mitleid bekommen Sie geschenkt, Respekt muss man sich erarbeiten.

Mastertipp:

Achten Sie darauf, dass Ihre Fragen tatsächlich beantwortet werden. Die meisten Moderatoren scheitern daran, dass sie nicht bemerken, dass die Antworten nichts mit der Frage zu tun haben.

Viel Erfolg bei der Umsetzung.
Enrico Briegert & Thomas Hochgeschurtz

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