UH19: Investitionsprojekte bewerten

UMSETZUNGSHILFE Nr. 19
Investitionsprojekte bewerten

Februar 2011, Diese UH als PDF downloaden

Was war Ihre größte Fehlinvestition – egal ob beruflich oder privat? Warum war diese Investition für Sie eine Fehlinvestition?

Fehlinvestitionen sind dadurch gekennzeichnet, dass Sie nicht den ursprünglich erwarteten Nutzen aus der Investition ziehen konnten. Nutzen Sie die folgenden 7 Umsetzungshilfen um Fehlin-vestitionen zu vermeiden.

1. Klares Projektziel festlegen

Stimmen Sie konkret messbare Ziele für Ihr Projekt ab. Berücksichtigen Sie dabei:

 

  • Sachziel: Was soll erreicht werden?
  • Kostenziel: Was darf die Umsetzung des Projektes kosten?
  • Terminziel: Bis wann wird das Sachziel erreicht?

Beispiel: Investition von 200.000 € in eine neue Stanzmaschine, um den jährlichen Um-satz mit Kunden A, ab dem 01.01.2012 um 100.000 € zu steigern.

Diese Aufgabe klingt einfacher – als sie in der Praxis ist. Je größer die Organisation, desto größer die Gefahr, dass verschiedene Erwartungen an das Projekt existieren. Indem Sie ein Projektsteckbrief mit den wichtigsten Zielen und Aufgaben erstellen, sorgen Sie für Klarheit.

2. Übereinstimmung mit der Strategie prüfen

Selbstverständlich und trotzdem zu oft übersehen: Am Anfang der Projektbewertung steht nicht der Gang zum Controller, sondern zu Ihrem Strategiepapier. Erfolgreiche Unternehmen investieren nur in Projekte, die die eigene Strategie stützen. Da jedes Projekt erhebliche Ressourcen – Geld und Expertise wichtiger Mitarbeiter – bindet, schlägt Strategie bloße Rentabilität. Nicht jedes rentables Projekt ist strategisch, aber jedes unstrategische Projekt führt Sie weg von Einzigartigkeit und ein Schritt näher in Richtung Todeszone Mittelmaß.

3. Wirtschaftlichkeit prüfen

Prüfen Sie, ob und in welcher Höhe sich die Investition in Zukunft für Ihre Ertragslage lohnt. Für die wirtschaftliche Betrachtung sollten Sie mindestens den Return on Investment (ROI) und die Amortisationsdauer betrachten.

Der Return on Investment (ROI, Kapitalrendite oder Kapitalverzinsung) misst den Gewinn der Investition in Abhängigkeit vom eingesetzten Kapital. Ein Projekt ist dann für Sie wirtschaftlich, wenn der ROI mindestens größer als Ihre Kapitalkosten ist und Ihren internen Rentabilitätszielen entspricht.

Die Amortisationsdauer gibt Ihnen den Zeitpunkt an, an dem Sie das ursprünglich investierte Kapital wieder im Portemonnaie haben. Je kürzer die Amortisationsdauer – desto ge-ringer das Risiko des Projektes. Bei einer Amortisationsdauer von vier Monaten ist das Risiko durch unerwartete Marktentwicklung vergleichsweise gering. Im Gegensatz dazu ist ein Projekt mit einer Amortisationsdauer von acht Jahren vergleichsweise riskant. Die Wirtschaftlichkeit des Projektes hängt davon ab, dass die Marktentwicklung mindestens Ihrer Voraussage entspricht. Für viele Märkte ist eine verlässliche Vorhersage über Zeiträume größer drei bis vier Jahre schlicht nicht möglich.

4. Auswirkung auf die Zahlungsfähigkeit prüfen

Rentabilität allein reicht nicht, denn am Anfang müssen Sie das Projekt finanzieren. Dadurch reduzieren sich Ihre finanziellen Spielräume, um auf kurzfristige Umsatzrückgänge oder sich ändernde Kundenanforderung zu reagieren. Oder entzieht Ihnen die Investition Ihren Spielraum, um die in zwei Jahren fällige Ersatzinvestition zu stemmen?

Prüfen Sie deshalb, welche Auswirkungen die Investition auf die aktuelle und mittelfristige Zahlungsfähigkeit hat. Erstellen Sie deshalb eine Investitionsplanung – mindestens für den Zeitraum bis zur erwarteten Amortisationsdauer.

5. Verschiedene Szenarien prüfen

Annahmen bezüglich der zukünftigen Entwicklung von beispielsweise Umsatz, Pro-duktsortiment oder Kosten sind die Basis der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Je länger der betrachtete Zeitraum, desto größer ist die Gefahr von Fehleinschätzungen. Führen Sie deshalb eine Sensitivitätsanalyse Ihrer erfolgskritischen Parameter durch. Beispielfragen sind:

  • Wie stark müsste der Umsatz gegenüber Ihrer Annahme einbrechen, damit Ihrer Investition die wirtschaftliche Grundlage entzogen wird?
  • Wie viel kürzer darf die angenommene Produktlebensdauer sein, damit Sie noch ausreichende Rückflüsse erzielen.

Wenn bereits 5% Umsatzrückgang die Schwelle zur Fehlinvestition darstellen, dann basiert Ihre Wirtschaftlichkeitsrechnung nicht auf robusten Szenarien. In Verbindung mit einer ungewöhnlich hohen Amortisationsdauer, ist von der Investition abzuraten. Je höher die Amortisationsdauer, desto länger der kritische Vorhersagezeitraum und desto größer zu erwartenden Schwankungen in der Entwicklung.

Wenn sich die Investition selbst bei 30% Umsatzrückgang noch trägt und die Amortisationsdauer unter einem Jahr liegt, dann ist das Risiko vergleichsweise gering. Die wirtschaftliche Grundlage des Projektes basiert auf robusten Szenarien.

Zuletzt ist noch der Einsatz eines Advocatus Diaboli hilfreich, einer Person, die nichts mit dem Projekt zu tun hat, alles hinterfragt und sogar bewusst Argumente gegen das Pro-jekt sucht.

6. Alternativen prüfen

Haben Sie alternative Lösungsmöglichkeiten um Ihr Ziel zu erreichen? Fragen Sie sich beispielsweise: „Wie würden Sie die Herausforderung meistern, wenn Sie das Geld nicht investieren könnten?“

7. Projekte nach Abschluss nachbetrachten

Lernen Sie aus Ihren eigenen Projekten. Führen Sie nach Abschluss eines Projektes ein Review durch. Prüfen Sie, ob Sie Sach-, Termin- und Kostenziel erreicht haben. Was waren die Gründe für Abweichungen? Was können und werden Sie beim nächsten Projekt anders machen?
Es gibt nichts Gutes, außer man tut es! (Erich Kästner)
Viel Erfolg bei der Umsetzung! Enrico Briegert & Thomas Hochgeschurtz!

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