UH6: Die ersten Tage als Führungskraft bestehen

UMSETZUNGSHILFE Nr. 6

Die ersten Tage als Führungskraft bestehen

 

Januar 2010, UH als PDF downloaden

Es ist der Lauf der Dinge, dass sehr gute Sachbearbeiter plötzlich in das kalte Führungswasser geworfen werden. Jetzt kommt die Verantwortung für die Führung mehrerer Mitarbeiter zur Fachaufgabe hinzu. Kein Grund zur Panik, diesen Schritt haben Tausende vor Ihnen schon überlebt. Beachten Sie folgende sieben Grundregeln bei jeder neuen Führungsaufgabe:

1. Passen Sie Ihren Führungsstil den Erwartungen Ihres Chefs an

Gerade am Anfang Ihrer Führungslaufbahn werden Sie weiterhin einen Vorgesetzten haben. Dieser Chef ist die zentrale Person, wenn es um die Bewertung Ihrer Arbeit geht. Sie unterliegen seinen Maßstäben und Erwartungen. Da Ihr Vorgesetzter seinen Stil als richtig empfindet, erwartet er von Ihnen unausgesprochen einen ähnlichen Stil. Wenn Sie später fest im Sattel sitzen, können Sie Ihren persönlichen Stil entwickeln.

Beispiel: Ein autoritär führender Vorgesetzter empfindet einen kooperativ führenden Mitarbeiter als durchsetzungsschwach. Umgekehrt hat ein inkonsequenter Chef Angst vor einem konsequenten Mitarbeiter.

2.  Werden Sie nicht zum Beliebtheitsführer

Die gleichzeitige Abhängigkeit vom Chef und den eigenen Mitarbeitern ist die Besonderheit der ersten Führungsaufgabe. Deswegen heißt diese Rolle auch Sandwich-Manager; Sie bekommen Druck von oben, Druck von unten und sind das arme Würstchen dazwischen.

Natürlich benötigen Sie die Unterstützung und Kooperation Ihrer Mitarbeiter für Ihren Erfolg, doch vergessen Sie nie: Ihre Hauptaufgabe als Führungskraft ist es, mit Ihren Mitarbeitern vorgegebene Ziele möglichst effizient zu erreichen. Kein Vorgesetzter akzeptiert, dass Sie als verlängerter Arm Ihrer Mitarbeiter deren Interessen vertreten. Versuchen Sie erst gar nicht, bei Ihren Mitarbeitern beliebt zu werden. Akzeptanz ist ausreichend.

3.  Bewahren Sie Distanz

Sie müssen als Führungskraft jederzeit frei genug sein, jeden Ihrer Mitarbeiter zu kritisieren. Das wird Ihnen schwerer fallen, wenn Sie sich allzu oft in die Gemeinschaft Ihrer Gruppe haben einbinden lassen.Sie können als Führungskraft nicht „Kumpel unter Kumpeln“ sein. Schließlich sind Sie für Beförderungen und Entgelthöhe verantwortlich. Sie gehören als Führungskraft nicht mehr zum Kollegen-Stammtisch.

Besonders verzwickt wird die Situation in der fröhlichen Runde, wenn einer Ihrer Mitarbeiter nach dem dritten Bier mit der Aussprache beginnen möchte: „Was ich Ihnen schon immer mal sagen wollte …“. Sie sind verantwortlich, solche oder ähnliche Situationen zu vermeiden. Gehen Sie rechtzeitig, denn ein guter Vorgesetzter lässt seinen Mitarbeitern auch einmal Zeit und Raum, um über den Chef zu lästern.

4.  Seien Sie vorsichtig bei steigender Zuneigung

Als Führungskraft nimmt Ihr Einfluss im Betrieb zu. Deswegen verändert sich das Verhalten der Mitarbeiter Ihnen gegenüber. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird man Sie auf ein Podest heben und Ihnen erzählen, wie toll Sie sind. Ab dem Tag der Bekanntgabe Ihrer Beförderung werden Informationen von Ihren Mitarbeitern gefiltert und gezielt gesteuert. Jedes Gespräch mit Ihnen hat eine versteckte Agenda. Ihre Mitarbeiter werden versuchen, Sie in ihrem Sinne zu beeinflussen. Seien Sie deshalb wachsam: Warum hat sich Ihr Mitarbeiter mit einer bestimmten Information an Sie gewendet? Vergessen Sie niemals, dass in jeder Geschichte mehr als eine „Wahrheit“ steckt. Hören Sie unbedingt auch die andere Seite, bevor Sie aktiv werden.

5.  Stehen Sie zu eigenen Fehlern

Niemand erwartet von Ihnen, dass Sie fehlerfrei agieren, nur weil Sie Chef sind. Wenn Sie sich bei eigenen Fehlern ertappen, stehen Sie dazu. Es zeugt von Größe, Fehler einzugestehen; es ist allerdings hilfreich, wenn Sie auch einmal etwas richtig machen.

6.  Unterscheiden Sie klar zwischen Entscheidungsmitteilung und Mitbestimmung

Einer der häufigsten Führungsfehler ist das Verwechseln von Entscheidungsmitteilung und Mitbestimmung. Kommunizieren Sie Entscheidungen stets als solche und erläutern Sie die Gründe. In der Praxis versuchen Vorgesetzte häufig, getroffene Entscheidungen als Mitbestimmungsgespräche zu tarnen. Warum? Weil sich auch Führungskräfte Harmonie wünschen und geliebt werden wollen. Tatsächlich akzeptieren Mitarbeiter, dass ihre Vorgesetzten Entscheidungen treffen – aber sie ärgern sich zu Recht, wenn sie nach ihrer Meinung gefragt werden und dann doch anders entschieden wird.

Beispiel: Da ein wichtiger Kunde zusätzliche Aufträge platziert hat, muss in Ihrem Produktionsbereich die Kapazität erhöht werden. Ihre Aufgabe ist es, diese Entscheidung einem betroffenen Mitarbeiter zu überbringen:

Falsches Vorgehen: „Kannst du dir vorstellen, ab Mai wieder in den 3-Schicht-Betrieb zu wechseln? Schließlich bekommst du dann auch wieder Schichtzulage.“ Wenn Ihr Mitarbeiter jetzt „Nein“ sagt, haben Sie ein Problem. Sie haben keine Alternative. Jetzt reden Sie so lange auf den Mitarbeiter ein, bis er nachgibt, oder Sie befehlen den 3-Schicht-Betrieb. Beides führt zur Demotivation des Mitarbeiters. Kommunizieren Sie Entscheidungen als Entscheidungen. Dies spart Nerven und Zeit aller beteiligten Personen und ist ehrlich.

Richtiges Vorgehen: „Da ein wichtiger Kunde aus Übersee zusätzliche Aufträge platziert hat, ist ab Mai ein 3-Schicht-Betrieb in unserem Bereich erforderlich. Deshalb wechselst du an diesem Termin in den 3-Schicht-Betrieb.“ Je nach persönlicher Situation Ihres Mitarbeiters ist er jetzt nicht unbedingt erfreut über die Mitteilung. Lassen Sie deshalb – wenn erforderlich – die Klagephase zu. Vielleicht finden Sie sogar gemeinsam Wege um die Konsequenzen der Entscheidung für ihn abzumildern.

7.  Äußern Sie Ihre Erwartungen und bleiben Sie konsequent

Wenn Ihnen eine Verhaltensweise nicht gefällt, dann greifen Sie zum Äußersten: Sprechen Sie es ruhig und sachlich an. Seien Sie offen und äußern Sie Ihre Erwartungen als Orientierungshilfe für Ihren Mitarbeiter. Wenn Ihre Erwartungen weiterhin nicht erfüllt werden, handeln Sie konsequent. Wenn Sie wegschauen, stimmen Sie zu.

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es! (Erich Kästner)

Viel Erfolg bei der Umsetzung! Enrico Briegert & Thomas Hochgeschurtz

Diese UH als PDF downloaden

Ressourcen:

Hochgeschurtz, Thomas (2009): Konsequent. Das Buch zum Nicht-Technischen-Training. Ikotes.

Mell, Heiko (2005): Karriere Nr. 238, Führen: Keine Angst vorm ersten Mal. VDI-nachrichten Nr. 18 vom 6.05.2005.