UH11: Wo bitte geht’s zum Goldenen Käfig?

UMSETZUNGSHILFE Nr. 11

Wo bitte geht’s zum Goldenen Käfig?

 

Juni 2010, UH als PDF downloaden

Burnout, Motivationstief, Mid-life-Krise.
Viele angestellte Mitarbeiter fallen im Laufe Ihrer Berufslaufbahn in eines dieser Löcher. Oft beginnt die Krise an dem Tag an dem ein jüngerer Kollege Vorgesetzter wird und klar ist, dass mann/frau auf der letzten Stufe der Karriereleiter angekommen ist.

Man erkennt, dass es am Arbeitsplatz beim aktuellen Arbeitgeber nicht weitergeht und bewirbt sich. Die Betroffenen stellen dann fest, dass sie ihr aktuelles Entgelt am Arbeitsmarkt nicht realisieren können und bleiben notgedrungen in der alten Firma. Und dort fangen sie dann an, ihren alten Job zu verteidigen.

War der Job vorher Motivation und Mittelpunkt von Wertschätzung und Anerkennung, ist er auf einmal nur noch Broterwerb. Mit diesem Abstieg auf der Maslow‘schen Bedürfnispyramide beginnt auch ein Abstieg der Leistung und damit der Weg in den „goldenen Käfig“.

Weniger Leistung bedeutet schnell noch weniger Anerkennung. Und führt schließlich zu ersten Zweifeln des Arbeitgebers an der generellen Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters. Der Mitarbeiter bemerkt dies und nun kommt auch noch Angst dazu. Angst löst jedoch Stress aus. Und Stress führt zu Burnout oder direkt in die Midlife-Krise.

Der Mitarbeiter sitzt im goldenen Käfig und kann trotz offener Türe nicht rausfliegen, da er das Fliegen verlernt hat.

Der Schaden ist nicht nur für den Mitarbeiter groß, sondern speziell für das Unternehmen. Ein einziger Burnout-Fall kann ganze Abteilungen lahm legen und wichtige Kundenbeziehungen gefährden. Daher sollten Arbeitgeber frühzeitig Vorsorge treffen. Mit den folgenden 5 Umsetzungshilfen vermeiden Sie volle goldene Käfige in Ihrem Unternehmen.

1. Machen Sie Jobrotation zur Pflicht, nicht zur Kür. Gerade für ältere Mitarbeiter.

Analysieren Sie zunächst, wie viele Ihrer Mitarbeiter auf dem Job sitzen, den Sie bereits vor 5 Jahren ausgeübt haben. Leichte Veränderungen, wie eine zusätzliche Maschine im Verantwortungsbereich, oder eine Veränderung oder Erweiterung des Vertriebsgebiets werden dabei nicht gezählt. Setzen Sie sich für diese Quote ein Ziel (zum Beispiel Erhöhung der Quote um 20%-Punkte in 2 Jahren). Mittelfristig sollten Sie bei dieser Quote über 50% erreichen, oder wollen Sie in 5 Jahren noch das machen, was Sie heute tun. Schauen Sie doch mal zurück, was Sie vor 5 Jahren gemacht haben.

2. Nutzen Sie Nebentätigkeiten

Reden Sie positiv über Nebentätigkeiten. Ermutigen Sie Ihre Mitarbeiter sogar dazu! Ein Mitarbeiter – der nebenher Zeitungen austrägt – weiß wie hart Geldverdienen sein kann. Bei -3°C und Schneeregen 400 Briefkästen abklappern und nachher 3 böse Anrufe erhalten, warum die Zeitung so nass im Kasten lag, lassen die Arbeitsplätze in Ihrer Firma wie eine Freizeitbeschäftigung erscheinen. Und wer im Nebenjob sehr erfolgreich ist, hat keine Angst um seinen Job. Und Angst ist ein Demotivator.

Nur Vorsicht bei einem Nebenerwerb in der Firma, in der auch der Haupterwerb liegt (zum Beispiel: Gartenbauer, der die Hecke der Firma schneiden will). Interessenkonflikte und neidische Kollegen lassen diese Situation irgendwann zum Problem werden.

3. Fördern Sie berufsqualifizierende Ausbildungen auch im höheren Alter

Bezahlen Sie nicht nur den Schweißkurs, oder ein Kreativitätsworkshop, sondern schicken Sie Ihre besten Leute in eine Ausbildung, die zu einem höheren Bildungsabschluss führt. So sollten Sie Ihren besten gewerblichen Mitarbeiter mit Führungspotenzial zur Meisterschule ermutigen, Ihren besten IT Mitarbeiter zum staatlich geprüften Techniker führen und Ihren Akademiker mit Managementpotenzial bei einer MBA Ausbildung an einer international renommierten Universität unterstützen. Achten Sie aber darauf, dass der Mitarbeiter immer einen Eigenanteil trägt, denn nur wenn „was etwas kostet, ist auch etwas wert“.

4. Fordern Sie interne Einsatzflexibilität

Die Deutsche Bahn und die Lufthansa machen es vor und lassen Vorstände und TOP-Manager in regelmäßigen Abständen operativ mitarbeiten. Was als „zurück-an-die-Basis-Projekt“ gedacht ist, erhält bei konsequenter Umsetzung im gesamten Unternehmen, die Vorstellung, auch in anderen Jobs erfolgreich arbeiten zu können. Fünf Tage „Einsatzflex“ im Jahr, also die Ausübung einer Tätigkeit außerhalb des üblichen Jobs, sollten Sie zur Pflicht jedes Mitarbeiters machen.

Einsatzflex ist übrigens auch sehr wertvoll beim Erhalt von Fachwissen im Altjob, nach Jobrotation. Und darüber hinaus hält es nicht nur den Mitarbeiter geistig flexibel, sondern erhöht auch Ihre Reaktionsfähigkeit auf Auftragsspitzen durch kurzfristig verschiebbares Personal.

5. Machen Sie die Arbeit Älterer nicht teurer

Ist Seniorität ein Argument für höheres Entgelt? Unsere Lohnsysteme sagen fast immer „ja“ und machen die Arbeit Älterer teurer. Wer jedoch mehr Geld verdient, als sein Marktwert hergibt, muss mehr Angst um seinen Job haben, da in Krisensituationen zunächst nach den größten Einsparpotenzialen gesucht wird. Ein teurer Mitarbeiter, dessen Leistung von außen billiger zukaufbar ist, schreit nach Outsourcing, welches übrigens nicht einmal der Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetzt unterliegt!

Entgeltverluste sind in unserer Wertewelt jedoch nicht umsetzbar. Die Lösung ist Teilzeit im Alter. Wenn ein Unternehmen allerdings weiterhin, wie bei der tariflich-gesetzlichen Altersteilzeit für 50% Leistungszeit, bis zu 95% Entgelt zahlen muss, wird nur eine minimal gesetzlich verlangte Quote erfüllen. Schaffen Sie doch schon heute Instrumente, die zum Beispiel für 80% Arbeitszeit, 80% Entgelt vorsehen, dann bleiben auch Ihre älteren Mitarbeiter preiswerte Mitarbeiter. Im Übrigen erfüllen solche Altersteilzeitmodelle auch die Anforderungen an die zukünftig längere Lebensarbeitszeit, denn Ältere leisten nicht weniger, sondern benötigen nach arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen lediglich längere Ruhephasen.

Wenn Ihre Mitarbeiter bereits im goldenen Käfig sitzen, ist es zu spät! Sie haben keine Mitarbeiter? Dann nutzen Sie diese UMSETZUNGSHILFE, um nicht selbst im Goldenen Käfig zu landen.

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es! (Erich Kästner)
Viel Erfolg bei der Umsetzung! Enrico Briegert & Thomas Hochgeschurtz!

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