UH81 Meetingkultur
Der Chef spricht die Keynote am Anfang des Meetings. Es fallen Vokabeln wie: „Projekt der Zukunft“, „Schlüssel zum Erfolg“, „existenziell“.
Dann beginnt der Moderator die Agenda des Tages vorzustellen. Der Chef erhebt sich und entschuldigt sich mit den Worten „Verzeihung, aber ich habe einen wichtigen Termin.“
Ein Raum weiter läuft das Meeting bereits eine Stunde. Der Einladende spricht in den Raum hinein, vier Teilnehmer sitzen vor einem aufgeklappten Laptop, einer schaut auf sein Smartphone, zwei schauen auf die PowerPoint-Folie an der Wand.
Besser als ein Raum weiter. Dort schreit man sich an. „Ihr habt falsch geplant!“
Der andere antwortet: „Eine Planung war bei euren Vorgaben doch gar nicht möglich! Ihr seid schuld!“ „Die Schuld liegt alleine in eurer Abteilung“, schreit der Beschuldigte zurück.
Welche Meeting-Kultur haben Sie? Und was ist Ihr Beitrag zu dieser Kultur?
Diese Umsetzungshilfe beantwortet die Frage, was Sie tun können, damit sich Ihre Meeting-Kultur zum Besseren verändert.
1. Ihre Rolle als Teilnehmer
1.1 Pünktlich sein
Es ist auf 10 Uhr eingeladen, also gehen Sie um 10 Uhr in Ihrem Büro los – das funktioniert nicht. Durch Ihre Verspätung signalisieren Sie wie wichtig Ihnen das Thema ist. Und noch schlimmer, wer verspätet kommt, stielt die Zeit der anderen Teilnehmer.
1.2 Reservieren Sie die Zeit für das Meeting
Lassen Sie Ihr Smartphone und Laptop im Büro. Das Signal ist eindeutig, wenn ein Teil der Teilnehmer ein Laptop aufgeschlagen hat und der andere Teil nicht. Die Mitarbeiter mit Laptop sind so wichtig, dass sie sich es nicht leisten können ihre Arbeitszeit alleine mit diesem Meeting zu verschwenden. Die ohne Laptop scheinen nicht genug zu tun zu haben. Beteiligen Sie sich nicht an diesem unwürdigen Spiel.
Alleine die Anwesenheit Ihres Smartphones auf dem Tisch oder in der Tasche senkt Ihre persönliche Aufmerksamkeit. Das gleich gilt für ein laufendes Laptop. Parallel zu einem Meeting Mail bearbeiten ist kein Kavaliersdelikt. Es verschwendet die Zeit aller Teilnehmer, wenn einer nicht aufpasst.
Gehen Sie mit einem Zettel, einem Stift (noch besser: mehrere farbige Stifte) und den notwendigen Unterlagen in ein Meeting, mehr nicht. Widmen Sie Ihre ganze Aufmerksamkeit dem Ziel des Meetings. Nehmen Sie teil.
1.3 Das Ergebnis zählt
„Es ist alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“
Wir Menschen wünschen uns Aufmerksamkeit. Und wie bekommen wir Aufmerksamkeit? Wir denken, indem wir sprechen. Also sprechen wir, ob wir was zu sagen haben, oder nicht.
Überlegen Sie bei jedem Ihrer Beiträge, ob dieser dem Ziel des Meetings dienlich ist. Denken Sie in Lösungen nicht in Problemen.
1.4 Schuld sind immer die anderen!
- Der Vertrieb sagt: „Wir brauchen das neue Produkt morgen, sonst können wir keinen Umsatzmachen.“
- Die Entwicklung sagt: „Wir brauchen mehr Entwicklungszeit damit das Produkt beim Verkaufsstart marktreif ist.“
- Die Produktion sagt: „Wir brauchen große Fertigungslose für niedrige Kosten.“
- Der Einkäufer sagt: „Wir brauchen günstiges Rohmaterial aus Asien.“
Das sind Positionen, aber es sind nicht die wahren Interessen der jeweiligen Abteilungen. Oft sitzen Teilnehmer im Meeting, die eine versteckte Agenda haben, ein Eigeninteresse.
- Der Vertrieb hat ein variables Entgelt auf Umsatz und fürchtet um seine Prämie.
- Die Entwicklung hat Angst, später für Reklamationen zur Verantwortung gezogen zu werden.
- Die Produktion will einen stabilen Prozess, damit sie weniger Arbeit hat.
- Der Einkäufer hat eine Zielquote für Rohmaterial aus Asien.
Denken Sie aus der Sicht des Kunden! Lösen Sie die Abteilungsgrenzen auf. Setzen Sie die Unternehmensbrille auf, nicht die Abteilungsbrille.
2. Ihre Rolle als Einladender
2.1 Übernehmen Sie die Vorbereitung
Eine gute Vorbereitung ist die Basis. Die erste Frage, die Sie sich stellen müssen:
„Was kann ich im Vorfeld tun, damit ich dieses Meeting nicht benötige.“
Das Ziel ist nicht das Meeting, sondern die Vermeidung von Meetings. Warum benötigen Sie für Ihre Fragestellung ein Meeting? Damit haben Sie das Ziel des Meetings. Welche Personen benötigen Sie für die Lösung der Fragestellung? Laden Sie nur die Personen ein, die zur Lösung beitragen. Damit haben Sie das Ziel und die Teilnehmer und können einladen.
Wie lange soll das Meeting dauern? VORSICHT: Jedes Meeting dauert so lange, wie sie ihm Zeit geben.
Geben Sie sich ein knappes Zeitbudget. Beenden Sie das Meeting pünktlich. Wenn die Kollegen lernen, dass Sie ein verlässlicher Einladender sind, kommen die Kollegen in der Zukunft, pünktlich, vorbereitet und gerne zu Ihren Meetings. Und die Teilnehmer setzen alles daran, die vorgegebene Zeit einzuhalten.
Nehmen Sie bei mehreren Tagesordnungspunkten die wichtigsten Punkte unbedingt an den Anfang des Meetings. Sortieren Sie nach Wert (Euro) oder Dringend/Wichtig, also dem sogenannten Eisenhower-Prinzip. So können Sie nach Ablauf der Zeit die unwichtigen Punkte am Ende einfach auf den nächsten Termin schieben und das Meeting pünktlich beenden.
2.2 Übernehmen Sie Verantwortung für das Meeting
Als Einladender sollten Sie immer pünktlich beginnen, da Sie damit diejenigen wertschätzen, die pünktlich gekommen sind. Dies spricht sich rund und die Teilnehmer kommen künftig pünktlich.
Als Einladender sind Sie auch Moderator. Lenken Sie das Meeting in Richtung Ziel. Greifen Sie ein, wenn das Ziel aus den Augen verloren geht. Als Moderator müssen Sie eingreifen, wenn Personen zu viel reden, zu wenig reden, oder sinnloses reden.
2.3 Treiben Sie das Meeting über die Ziellinie
Das Ziel muss für alle Teilnehmer immer sichtbar sein. Schreiben Sie es auf ein Flipchart und hängen es auf. Schreiben Sie Entscheidungen und Ergebnisse online (Beamer) mit, damit jeder Teilehmer sieht, wo das Meeting steht und was die erarbeiteten Ergebnisse sind.
Ist das Ziel erreicht, beenden Sie das Meeting. Auch wenn noch Kaffee und Bretzeln übrig sind.
Wenn Sie online gut mitgeschrieben haben, ist das Protokoll bereits fertig und jeder hat es akzeptiert. Eine Nacharbeit ist nicht nötig.
3. Ihre Rolle als Führungskraft
Führung ist das sozial akzeptierte Beeinflussen von Verhalten. Damit sind Ihre drei zusätzlichen Aufgaben festgeschrieben:
3.1 Vorbild
Pünktlich sein, reservieren Sie die Zeit für das Meeting, helfen Sie das Ziel zu erreichen, suchen Sie keine Schuldigen, sondern Lösungen.
Ihnen kommen die Sätze bekannt vor? Die Führungskraft ist Teilnehmer, wie jeder andere. Alleine die Vorbildwirkung ist stärker.
„Wenn der Chef geht, kann es nicht so wichtig sein!“ „Wenn der Chef sein Laptop benutzt, sollten wir das auch tun.“ „Wenn der Chef ans Handy geht, dürfen wir das auch.“
Zeigen Sie, dass in Ihrem Unternehmen eine professionelle Meeting-Kultur Einzug erhalten hat. Es liegt an Ihnen. Kultur ist die Zusammenfassung aller gelebten Verhaltensweisen!
3.2 Einsicht
Helfen Sie dem Moderator, indem Sie auf die Einhaltung der Spielregeln achten. Sprechen Sie Kollegen an, die sich nicht an die Meeting-Regeln halten. Wegschauen heißt zustimmen. Wie Sie Einsicht erreichen können. Das lesen Sie bitte in der UH67: Einsicht erzeugen.
3.3 Konsequenz
Sie sind die Führungskraft! Setzen Sie die Regeln, die Sie durchsetzen wollen auch durch. Wie das geht, lesen Sie in Ihrer Umsetzungshilfe 54 „Konsequenz in der Führung von Mitarbeitern.“
Viel Erfolg bei der Umsetzung.
Enrico Briegert & Thomas Hochgeschurtz