UH39: Potenzialanalyse
UMSETZUNGSHILFE Nr. 39
Potenzialanalyse
Oktober 2012, Diese UH als PDF downloaden
- Wie reduziert man den Nasenfaktor bei Beurteilungen?
- Wie kann man den Bewertungsmaßstab innerhalb einer Führungsmannschaft angleichen?
- Welchen Mitarbeitern trauert man nicht nach, wenn sie gehen?
- Wie stellt man ein differenziertes Feedback für alle Mitarbeiter sicher?
- Wie erkennt man schleichende Leistungsdefizite?
- Wer wird bei der nächsten Möglichkeit befördert?
- Service für Ihre Potentialanalyse
Antworten auf diese Fragen liefert die Potenzialanalyse.
1. Warum mehrdimensionale Beurteilungen?
Wer soll den C4 beurteilen? In klassischen Systemen ist dies alleine der Vorgesetzte B1. Im Unterschied dazu bewerten bei der Potenzialanalyse die zwei nächsthöheren Ebenen die Ebene unter sich:
Die Vorgesetzten einer Gruppe oder Abteilung bewerten gemeinsam ihre gesamten Mitarbeiter. Durch den Zwang, eine Reihenfolge zu bilden, müssen die teilnehmenden Vorgesetzte die Leistung der einzelnen Mitarbeiter miteinander vergleichen. Dadurch passen sie auch ihren Bewertungsmaßstab an.
Die Potenzialanalyse folgt dem Prinzip, dass vier oder sechs Augen immer mehr als zwei sehen.
2. Die Kriterien
Da Mitarbeiter verschiedener Funktionen miteinander verglichen werden, müssen die Kriterien allgemein gehalten werden. Folgendes Kompetenzmodell hat sich bewährt:
- Fachkompetenz
- Sozialkompetenz
- Persönliche Kompetenz
- Methodenkompetenz
- Führungskompetenz
Qualität und Quantität der erbrachten Arbeit finden sich in der Fachkompetenz wieder. Sprachen und IT-Wissen gehören ebenfalls in die Fachkompetenz. Die Sozialkompetenz deckt alle Kompetenzen ab, die zwischen zwei oder mehreren Personen notwendig sind (z. B. Teamfähigkeit oder Zusammenarbeit). Mit der persönlichen Kompetenz werden persönliches Engagement, Verantwortungsübernahme und Zuverlässigkeit gemessen. Die Methodenkompetenz deckt z. B. Problemlöse- und Moderationsfähigkeiten ab. Die Führungskompetenz wird auch bei Mitarbeitern ohne disziplinarische Führung abgefragt, da Führung nicht an Hierarchie gebunden ist. So ist die Fähigkeit zu Führung Voraussetzung für erfolgreiche Projektarbeit.
Das detaillierte Kompetenzmodell hinter diesen fünf Hauptkompetenzen ist je nach Unternehmen und Branche individuell und muss vor der Potenzialanalyse mit den Führungskräften gemeinsam festgelegt werden.
3. Die Bewertungsskala
Mit der Einführung der Potenzialanalyse müssen Vorgesetzte sich auch mit der Leistung von Mitarbeitern anderer Abteilungen beschäftigen. Darin liegt ein erheblicher Vorteil der Potenzialanalyse!
Trotzdem muss man in der Praxis damit leben, dass gerade im ersten Jahr der Einführung nicht jede Führungskraft jeden zu Bewertenden kennt. Daher eignet sich für die Potenzialanalyse eine ungerade Skala mit einer neutralen Mitte:
Bewertet ein Vorgesetzter einen Mitarbeiter mit +2, muss er mehrere Situationen schildern können, in denen der bewertete Mitarbeiter dieses überdurchschnittliche Verhalten gezeigt hat. Bei einer Bewertung von +1 muss mindestens ein valides Beispiel genannt werden. Analog gilt für die Bewertungen -1 und -2, dass ein negatives Beispiel bzw. mehrere Beispiele genannt werden müssen.
Aus diesen konkreten Handlungsbeispielen wird später im Potenzialanalysen-Workshop das Feedback für den Mitarbeiter erstellt.
Mit der Bewertung „0“ wird entweder ein durchschnittlicher Mitarbeiter bewertet, oder ein Mitarbeiter, dessen Leistung nicht bewertbar ist.
4. Durchführung der Potenzialanalyse
Circa vier Wochen vor dem Potenzialanalysen-Workshop erhalten alle Beurteiler die Listen mit den zu bewertenden Mitarbeitern:
Nachdem alle Listen von den Beurteilern zurückgelaufen sind, wird eine erste Reihenfolge alleine anhand der erreichten Punktzahl aufbereitet (Summenbetrachtung). Diese Reihenfolge ist die Grundlage des eigentlichen Potenzialanalyse-Workshops, wird aber nicht vorher verteilt. Im Potenzialanalysen-Workshop werden alle Mitarbeiter nacheinander besprochen und in eine neue Reihenfolge gebracht, die die Leistung des letzten Jahres abbildet. Die durch die Listenabfrage erstellte Reihenfolge dient nur als Vorsortierung.
Während der Besprechung der einzelnen Personen sammelt der direkte Vorgesetzte das Feedback für seine Mitarbeiter und baut darauf sein späteres Jahresgespräch auf. Dabei ist wichtig, dass er gerade kritische Beispiele konkret hinterfragt, damit er im späteren Mitarbeitergespräch nicht auf den Kollegen verweisen muss, der das kritische Beispiel eingebracht hat. Hier besteht sogar die Gefahr der Solidarisierung: „Der Kollege hatte folgendes Beispiel … Ich habe das aber auch nicht verstanden!?“
Im ersten Jahr empfiehlt sich der Einsatz eines neutralen Moderators, der mit der Systematik der Potenzialanalyse vertraut ist. Später sollten die Beurteiler den Workshop alleine durchführen können.
5. Das Ergebnis
Steht die Reihenfolge fest, muss das Ergebnis in konkrete Handlungen münden:
5.1 Diskutieren Sie, wie Sie Ihre besten Mitarbeiter weiterentwickeln können. Eigenen sich diese für weiterführende Qualifikationen? Meisterschule, Technikerschule, MBA?
5.2 Überlegen Sie sich, wie der weitere Weg für Ihre TOP Performer durch das Unternehmen aussehen kann.
5.3 Diskutieren Sie, was mit den Mitarbeitern auf den letzten Plätzen getan werden muss, damit diese wieder wertvolle Mitarbeiter für das Unternehmen werden. Definieren Sie die Verhaltensweisen, die diese Personen ändern müssen und stellen Sie sicher, dass die Mitarbeiter die Chance zur Veränderung erhalten.
5.4 Nehmen Sie die direkten Vorgesetzten der Schlechtleister in die Pflicht. Wenn der Schlechtleister in einem Jahr sein Verhalten nicht verändert hat, muss der Vorgesetzte beweisen, dass er alles getan hat, um dem Mitarbeiter zu helfen.
5.5 Nutzen Sie das Ergebnis der Potenzialanalyse bei unterjährigen Organisationsänderungen. Ist jemand zu befördern, muss das eigentlich die Nr. 1 oder 2 aus der Potenzialanalyse sein.
5.6 Nutzen Sie das Ergebnis der Potentialanalyse für die Festlegung der Entgeltentwicklung. Wen sollten Sie überdurchschnittlich bezahlen?
Die jährliche Wiederholung der Potenzialanalyse nach dem gleichen Mustern, führt zu einer nach und nach verbesserten Liste, die gemeinschaftlich von allen Führungskräften getragen wird. Der Nasenfaktor ist damit eliminiert.
Die Langzeitwirkung der Potezialanalyse:
- Ständige Weiterentwicklung der eigenen Belegschaft
- Frühzeitiges Erkennen von langfristigen Leistungsmängeln
- Entscheidungsbasis für strategische Aus- und Weiterbildung
- Entscheidungsbasis bei Neubesetzungen von lukrativen Stellen
- Entscheidungsbasis, wen man gehen lassen will und wen nicht
Aber es ist alles nur totes Papier, wenn Sie es nicht tun:
Es gibt nichts Gutes, außer man tut es! (Erich Kästner)
Viel Erfolg bei der Umsetzung! Enrico Briegert & Thomas Hochgeschurtz
Unser Service:
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Ressourcen:
Enrico Briegert, Thomas Hochgeschurtz (2011): Führung. ikotes-Verlag, Bühl.