UH67: Einsicht erzeugen
UMSETZUNGSHILFE Nr. 67
Einsicht erzeugen
Mai 2015, Diese UH als PDF downloaden
Was bedeutet Einsicht? Unter Einsicht verstehen wir das Verstehen eines Sachverhalts. Einsicht bedeutet die Erkenntnis, dass ein bestimmtes Verhalten sinnvoll ist. Die Tochter erkennt, dass es sinnvoll ist, die Schuhe vor der Tür auszuziehen.
1. Vertrauen Ihnen Ihre Mitarbeiter?
Wir lassen uns leichter von Menschen überzeugen, denen wir vertrauen. Je stärker das Vertrauen Ihrer Mitarbeiter in Ihre Person, desto einfacher fällt es Ihnen, Einsicht zu erzeugen. Wie Sie das Vertrauen Ihrer Mitarbeiter gewinnen, lesen Sie in der Umsetzungshilfe Nr. 65: Vertrauen.
2. Wo entsteht Einsicht?
Die Einsicht entsteht im Kopf durch Nachdenken. Um also bei jemand Einsicht zu erzeugen, müssen Sie den zu Überzeugenden zum Nachdenken bekommen.
Und wie bekommt man jemanden auf einfachsten Weg zum Nachdenken?
Indem Sie Fragen stellen. Und wenn Sie Fragen stellen, dann geben Sie Zeit zum Nachdenken. Halten Sie die notwendige Denkpause durch.
Ein Beispiel: Wie erzeugen Sie Einsicht bei Ihren Mitarbeitern, dass es lohnt niedrige krankheitsbedingte Fehlzeiten im Team zu erreichen? Stellen Sie sich vor, Sie stellten sich vor Ihre Mitarbeiter und fragen: „Wie viel Geld könnten wir einsparen, wenn wir die Fehlzeiten um ein Prozentpunkt senken würden?“
Würde Ihnen diese Frage helfen Einsicht bei Ihren Mitarbeitern zu erzeugen? Vermutlich nein. Die Mitarbeiter denken zwar nach, aber bietet die Antwort ausreichend Motivation Verhalten zu ändern? Wer profitiert von den eingesparten Kosten?
Mit dieser Frage erzielen wir im besten Fall Verständnis für unsere Position – aber keine Einsicht. Im Gegensatz zum Verständnis beinhaltet Einsicht auch das entsprechende Handeln. Ich verstehe nicht nur den Grund für niedrige Fehlzeiten, sondern ich trage auch dazu bei.
3. Gibt es ein Motiv für ein verändertes Verhalten?
Motivation ist der Grund etwas zu tun. Wir möchten für unser Tun einen Grund haben.
Wie bekommt man andere dazu, dass man an einer Schlange am Kopierer vorgelassen wird? Die Bitte: „Entschuldigung, ich habe fünf Seiten. Könnten Sie mich bitte vorlassen?“, führte bei 60 Prozent der Gefragten zum Erfolg. Nach der Frage: „Entschuldigung, ich habe fünf Seiten. Können Sie mich bitte vorlassen? Weil – ich habe es sehr eilig.“ – entsprachen 94 Prozent der Gefragten der Bitte (Bastardi, A. & Shafir, E., 2000).
Bei dem obigen Beispiel mit dem Krankenstand sind die angeführten Lohnfortzahlungskosten zwar ein Grund, aber aus Sicht des Mitarbeiters kein guter Grund. Welchen Vorteil hätten Ihre Mitarbeiter, wenn die Fehlzeiten in Ihrem Unternehmen niedrig wären?
Ein geringer Krankenstand im Team führt bei jedem Teammitglied zu weniger Stress, da weniger Vertretung für abwesende Mitarbeiter gemacht werden muss. Also fragen Sie als Führungskraft um Einsicht zu erzeugen: „Was bedeutet es für unser Team, wenn jemand krankheitsbedingt fehlt?“
Die Mitarbeiter geben sich nun selbst den Grund, warum ein niedriger Krankenstand gut ist.
4. Was meinen die Kollegen?
Bei der Entscheidung welches Verhalten richtig ist, orientieren wir uns häufig daran, was andere für richtig halten (Lun et al., 2007). Was viele Leute tun, ist oft das Richtige (Cialdini, R.B., 2013). Dieses Prinzip der sozialen Bewährtheit ist umso stärker ausgeprägt, je ähnlicher uns die anderen Personen sind (Abrams et al., 1990).
Wenn Sie davon ausgehen, dass die Mehrzahl der Mitarbeiter in Ihrem Team zu einem Thema einsichtig sind, dann besprechen Sie dieses Thema am besten im Team. So ist es in unserem obigen Beispiel ein Unterschied ob Sie als Chef oder die Kollegen sagen, dass hohe Fehlzeiten im Team zu Mehrarbeit führen.
5. Sprechen Sie oft genug darüber?
Wir müssen Neuigkeiten bis zu sechs Mal hören müssen, um Sie zu verinnerlichen. Je öfter wir etwas durchdenken, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass wir unsere Überzeugung ändern. Sorgen Sie für regelmäßige Wiederholung – machen Sie Ihr Thema zum Thema Ihrer Mitarbeiter.
Viel Erfolg bei der Umsetzung.
Enrico Briegert & Thomas Hochgeschurtz
Ressourcen:
Abrams, D., Wetherell, M., Cochrane, S., Hogg, M.A. & Turner, J.C. (1990): Knowing what to think by knowing who you are. British Journal for Social Psychology, 29, 97-119.
Bastardi, A. & Shafir, E. (2000): Noncosequential reasoning and its consequences. Current Directions in Psychological Science, 9, 216-219.
Briegert, E. & Hochgeschurtz, Th. (2020): Erfolgreiche Überzeugungsstrategie, Umsetzungshilfe Nr. 17, www.umsetzungshilfe.de/17.
Briegert, E. & Hochgeschurtz, Th. (2011): Führung, ikotes, Bühl.
Briegert, E. & Hochgeschurtz,Th. (2012): Fragetechnik: Wer richtig fragt, führt. Umsetzungshilfe Nr. 32, www.umsetzungshilfe.de/32.
Cialdini, R.B. (2013): Die Psychologie des Überzeugens – Wie Sie sich selbst und Ihren Mitmenschen auf die Schliche kommen. 7.Auflage, Hans Huber, Hogrefe AG, Bern.
Lun, J., Sinclair, S., Whitchurch, E.R. & Glenn, C. (2007): (Why) do I think what you think? Epistemic social tuning and implicit prejudice. Journal of Personality and Social Psychology, 93, 957-972.
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