Umsetzungshilfe Nr. 86: Die sieben Todsünden beim Fehlzeitengespräch

50% unserer Projekte zum Reduzieren von Fehlzeiten führen zum Erfolg, 50% scheitern. Jetzt könnten Sie behaupten, dass es reiner Zufall ist, ob wir Erfolg haben, oder nicht. Es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen den Unternehmen, die erfolgreich den Krankenstand senken und denen, die es nicht schaffen.
Die erfolgreichen Unternehmen führen Fehlzeitengespräche entsprechend der Umsetzungshilfe 38. Die Unternehmen, die nicht weiterkommen, führen entweder keine Gespräche, oder begehen im Gespräch eine oder mehrere Todsünden.
Wenn die Führungskraft für diese Gespräche nicht ausgebildet ist, werden 90% aller Gespräche übrigens schon im ersten Satz „versenkt“. Diese Umsetzungshilfe lüftet das Geheimnis um die sieben Todsünden bei Fehlzeitengesprächen:

0. Fehlzeitengespräche nur bei vom Mitarbeiter beeinflussbarer Arbeitsunfähigkeit

Ein Fehlzeitengespräch führt nur dann zu reduzierten Fehlzeiten, wenn der Mitarbeiter auch einen Einfluss auf seine Arbeitsunfähigkeit hat. Führen Sie Fehlzeitengespräche nur mit Mitarbeitern, die beeinflussbare Arbeitsunfähigkeiten haben. Nutzen Sie für Ihre Entscheidung die Umsetzungshilfe 38: Gespräche nach Krankheit, Teil 2: Fehlzeitengespräche.

1. Arbeitsunfähig ist arbeitsunfähig

Annahme: Ein Vorgesetzter spricht mit einem Mitarbeiter über dessen krankheitsbedingte Fehlzeiten. Dabei ist der Vorgesetzte davon überzeugt, dass der Mitarbeiter gar nicht wirklich arbeitsunfähig war. Er unterstellt seinem Mitarbeiter, dass er blau gemacht hat. Würde der Mitarbeiter im Laufe des Gesprächs merken, dass der Vorgesetzte ihn für einen „Blaumacher“ hält?
Natürlich würde der Vorgesetzte sich entlarven. Folgende Sätze des Vorgesetzten sind typisch:
„Na, bist Du auch mal wieder bei der Arbeit.“
„Was hast Du denn schon wieder für eine schlimme Krankheit gehabt?“
„Du hast viel zu viele Fehlzeiten, die kann ich nicht akzeptieren.“
Alle Sätze unterstellen, dass der Mitarbeiter nicht arbeitsunfähig war. Wie wird sich der Krankenstand des Mitarbeiters nach einer solchen „Unterstellung“ entwickeln?
Stellen Sie sich vor, der Mitarbeiter senkt nach einem solchen Gespräch seinen Krankenstand? Was würde er damit beweisen? Dass er ein „Blaumacher“ ist. Wenn dem Mitarbeiter „Blaumachen“ direkt oder indirekt unterstellt wird, darf er seinen Krankenstand nicht mehr senken.
Statt über die Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeit in der Vergangenheit zu reden, ist es erfolgreicher den Blick in die Zukunft zu richten. Es geht schließlich darum Fehlzeiten in der Zukunft zu reduzieren.

Grundsatz 1: Arbeitsunfähig ist arbeitsunfähig. Keine Zweifel.

2. Entsorgen Sie Ihr Eskalationssystem bei Fehlzeitengesprächen

In der Praxis finden wir häufig Eskalationssysteme. Während das erste Gespräch durch den direkten Vorgesetzten geführt wird, kommt beim zweiten Gespräch der nächst höhere Vorgesetzten oder ein Vertreter der Personalabteilung hinzu.
Nur, was kann der nächst höhere Vorgesetzte oder die Personalabteilung besser als der direkte Vorgesetzte?
Die bittere Wahrheit: „Nichts.“
Doch warum eskalieren Unternehmen Fehlzeitengespräche? Die häufig unausgesprochene Idee dahinter: Druck!
Wenn das Unternehmen aber der Überzeugung ist, dass „Druck“ die Lösung des Fehlzeitenproblems ist, ist das Unternehmen doch wovon überzeugt? Das alle arbeitsunfähigen Mitarbeiter „Blaumacher“ sind.
Wenn das Unternehmen aber blaumachen unterstellen, darf der Mitarbeiter was nicht mehr tun?
Richtig: seinen Krankenstand senken.

Grundsatz 2: Das Fehlzeitengespräch bleibt in der Hand des direkten Vorgesetzten. Keine Eskalation.

3. Klären Sie die Verantwortung

Wer führt das Fehlzeitengespräch? Wir fragten einen Gruppenleiter, wer die Fehlzeitengespräche bei ihm führt. Der Gruppenleiter sagte: „Ist doch klar, der Abteilungsleiter.“ Dann fragten wir den Abteilungsleiter, wer die Fehlzeitengespräche führt. „Ist doch klar, der Gruppenleiter.“ Und wer führt nun die Fehlzeitengespräche? Niemand.
Stellen Sie klar, wer die Führungskraft ist. Es muss die Person sein, die auch am Krankenstand gemessen wird. Diese Person muss auch in der Lage sein, den Krankenstand selbständig auswerten zu können.
In der Praxis erleben wir oft, dass der Gruppenleiter die Fehlzeitengespräche führen soll, aber weder ausgebildet noch in der Lage ist den Krankenstand selbständig auswerten zu können noch an der Kennzahl gemessen wird.

Grundsatz 3: Klären Sie die Verantwortung. Wer wird am Krankenstand gemessen? Wer ist für den Krankenstand im Bereich verantwortlich?

4. Vermeiden Sie die Falle betrieblicher Ursachen

Im Fehlzeitengespräch geben circa 10% der Mitarbeiter eine betriebliche Ursache für die Fehlzeiten an. Einige Unternehmen forcieren sogar die Angabe betrieblicher Gründe, da sie denken, dass sich damit das Krankenstandproblem lösen lässt. Sie versuchen dann die betriebliche Ursache zu beseitigen, schaffen es damit aber nicht den Krankenstand zu senken.
Wenn ein Mitarbeiter (mit beeinflussbaren Arbeitsunfähigkeiten) betriebliche Gründe vorgibt, fragen Sie Ihn, warum die Kollegen an den gleichen Arbeitsplätzen nicht so häufig arbeitsunfähig werden. Betriebliche Maßnahmen nur nach bestandenem Plausibilitätstest.

Grundsatz 4: Persönliche Ursachen überwiegen.

5. Der Mitarbeiter nennt die persönliche Maßnahme

Wenn die Ursache für erhöhte Fehlzeiten persönlich ist, dann benötigen Sie eine persönliche Maßnahme. Das ist die schwierigste Stelle im Fehlzeitengespräch, da die Führungskraft auf eine persönliche Maßnahme pochen muss. Der Vorgesetzte muss seiner Logik treu bleiben: wenn die Ursache persönlich ist, kann nur eine persönliche Maßnahme tatsächlich das Problem der beeinflussbaren Arbeitsunfähigkeiten lösen.
Wenn der Mitarbeiter eine Maßnahme nennt, die aus Sicht des Vorgesetzten nicht zum Krankheitsbild passt, soll er diese trotzdem akzeptieren. Ob die Maßnahme zum Krankheitsbild passt oder nicht, ist nicht entscheidend. Die Maßnahme muss nur ein Kriterium erfüllen: Sie muss vom Mitarbeiter genannt werden.
Sobald der Mitarbeiter die Maßnahme genannt hat, kann er danach den Krankenstand senken. Die Maßnahme ist der Türöffner für den Mitarbeiter mit Gesichtswahrung am Krankenstand arbeiten zu können.

Grundsatz 5: Der Schlüssel zum Erfolg ist die persönliche Maßnahme des Mitarbeiters. Bewerten Sie den Vorschlag des Mitarbeiters nicht.

6. Hart in der Sache, aber weich zum Menschen

Oft erleben wir in unseren Fehlzeitengesprächs-Übungen einen Redeanteil des Vorgesetzten von 90%. Der Vorgesetzte redet und redet und redet, allein, er erreicht nichts. Vom Mitarbeiter beeinflussbare Fehlzeiten können nur durch einen Umdenkprozess im Kopf des Mitarbeiters reduziert werden.
Der Mitarbeiter fängt aber nicht freiwillig an nachzudenken. Also muss der Vorgesetzte konsequent darauf achten, dass der Mitarbeiter die Fragen des Vorgesetzten beantwortet. Dazu bedarf es einer gewissen Hartnäckigkeit.
Der Vorgesetzte muss seine Frage so lange wiederholen, bis er eine inhaltlich korrekte Antwort erhalten hat. Das wirkt wenig freundlich ist aber der einzige Weg, beim Mitarbeiter den notwendigen Denkprozess auszulösen.
Deswegen sollte die Führungskraft im Gespräch immer freundlich bleiben. Es gibt keinen Grund unfreundlich zu werden.

Grundsatz 6: Hart in der Sache, aber weich zum Mitarbeiter.

7. Überprüfen Sie den Erfolg der vereinbarten Maßnahmen

Wer heilt hat Recht. Vereinbaren Sie einen Review nach sechs Monaten. Ob die umgesetzten Maßnahmen richtig waren, zeigt die Entwicklung der Fehlzeiten nach dem Gespräch. Sollten Sie jedoch bereits zu einem früheren Zeitpunkt feststellen, dass die erwarteten Ergebnisse ausbleiben, dann ziehen Sie den Folgetermin vor.

Grundsatz 7: Zu jedem Fehlzeitengespräch gibt es ein Review-Gespräch.

Viel Erfolg bei der Umsetzung.
Enrico Briegert & Thomas Hochgeschurtz

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