Umsetzungshilfe Nr. 85: Wie führen Sie Ihre Mitarbeiter im Home-Office?

Durch die Covid19-Krise wurde Home-Office zum viralen Hit. Häufig wurden Mitarbeiter per Unternehmensentscheidung ins Home-Office versetzt. War Home-Office vor Covid19 für viele Unternehmen ein Tabu, wurde die Akzeptanz plötzlich vorausgesetzt. Unabhängig davon wird Home-Office sich durchsetzen, da es viele Vorteile für Mitarbeiter und Unternehmen mit sich bringt:

  1. Die Mitarbeiter sparen sich den Arbeitsweg, also Zeit und bares Geld.
  2. Der Mitarbeiter hat zu Hause eine größere zeitliche Flexibilität. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf kann so einfacher gewährleistet werden.
  3. Kreatives oder strategisches Arbeiten ist zu Hause oft leichter als im Großraumbüro.
    Der Arbeitgeber kann nicht wertschöpfende Fixkosten für Büro und Gebäude einsparen.
  4. Home-Office senkt den Krankenstand (UH58: Arbeiten trotz AUB).
  5. Arbeitgeber steigern ihre Attraktivität auf dem Bewerbermarkt (UH83: Strategien Fachkräftemangel), wenn sie ihren Mitarbeitern Home-Office ermöglichen. Die kommende Generation „digital natives“ wird es von ihren Arbeitgebern sogar verlangen.

Worauf kommt es für Sie als Vorgesetzter an, wenn Ihre Mitarbeiter im Home-Office arbeiten? Wie führt man seine Mitarbeiter auf Distanz? Diese Umsetzungshilfe hilft Führungskräften ihre Führung an die neue Herausforderung anzupassen.

Unter Home-Office verstehen wir ortsunabhängiges Arbeiten. Der Mitarbeiter arbeitet an einem Ort seiner Wahl.

1. Vertrauen führt

Home-Office ist die Nagelprobe für Vertrauen. Viele Vorgesetzte fürchten den Kontrollverlust. Im Büro sieht man, was der Mitarbeiter macht. Aber was macht er zu Hause? Arbeitet er wirklich? Dieses Misstrauen war und ist der größte Feind des Home-Office.

Dabei ist der Kontrollverlust nur eine Illusion. Denn auch im Büro ist körperliche Anwesenheit kein Garant für Leistung. Nur weil der Mitarbeiter vor dem Rechner sitzt, heißt es nicht, dass er auch wirklich arbeitet. Ihr Ausweg? Bewerten Sie Ergebnisse, statt Arbeitszeit (UH41: Führen mit Kennzahlen).

Fangen Sie damit schon in der Firma an. Home-Office passt nicht in eine Firmenkultur, bei der Mitarbeiter ihre Rauch- und Kaffeepausen ausstempeln müssen. Vertrauen lässt sich durch Erfahrung lernen (UH65: Vertrauen). Geben Sie Ihren Mitarbeitern Handlungsspielräume bei der Gestaltung ihres Arbeitstages (UH57: Handlungsspielraum erhöhen). Verzichten Sie zum Beispiel auf das Stempeln von Pausen.

Die Produktivität des Mitarbeiters entscheidet sich durch seine Arbeitsmotivation, nicht durch seinen Arbeitsort. Ein demotivierter Mitarbeiter sieht den Home-Office-Tag vielleicht als zusätzlichen „freien“ Tag. Aber das Problem ist nicht das Home-Office, sondern die Demotivation des Mitarbeiters. Also vermeiden Sie Demotivation (UH72: Was demotiviert) indem Sie das Motivationspotenzial der Aufgaben erhöhen (UH53: Motivationspotenzial messen).

Aber auch Mitarbeiter müssen ihren Vorgesetzten vertrauen. Wenn sie Unterstützung brauchen, müssen sie darauf vertrauen können, dass der Vorgesetzte auch erreichbar ist. Sie können zum Beispiel feste Zeiten der Erreichbarkeit mit Ihren Mitarbeitern vereinbaren. Dies gilt vor allem dann, wenn auch die Vorgesetzten im Home-Office arbeiten.

Mitarbeiter möchten trotz Home-Office kein Eindringen in ihr Privatleben. Sie benötigen die Sicherheit, zu bestimmten Zeiten nicht erreichbar sein zu müssen. Manche Mitarbeiter fürchten, dass die Vorgesetzten zum Beispiel durch eine Videokonferenz zu weit in das Privatleben „eindringen.“ Da können technische Lösung helfen. Mitarbeiter sollten zum Beispiel bei einer Videokonferenz den Hintergrund automatisch verblenden können.

Und überfallen Sie Ihre Mitarbeiter nicht mit Video-Telefonaten. Kündigen Sie diese rechtzeitig an, dann kann der Mitarbeiter sich und seine Umgebung entsprechend vorbereiten.

2. Klare Kommunikation als Schlüssel

Im Büro, in der Fabrik läuft Führung oft nebenher, da sich Mitarbeiter und Vorgesetzte ständig irgendwie über den Weg laufen. Dies geht beim Führen auf Distanz nicht. Es fehlt der direkte Zugriff. Kommunikation passiert nicht mehr automatisch. Sie muss bewusst herbeigeführt werden. Ersetzen Sie fehlende Präsenz durch klare Kommunikation:

  1. Delegieren Sie Aufgaben eindeutig. Welche Aufgaben werden von wem bis wann erledigt?
  2. Führen Sie mit Kennzahlen und klaren Zielen. Geben Sie das Ziel, „was“ Sie erreichen wollen, vor, aber geben Sie größtmöglichen Handlungsspielraum beim „wie“.
  3. Geben Sie regelmäßig Feedback. Menschen brauchen Rückmeldung zu ihrem Tun. Feedback ist Wertschätzung und Möglichkeit zur Kurskorrektur. Verabreden Sie sich für ein wöchentliches Feedback Video-Telefonat.
  4. Bei Konflikten gilt im Home-Office erst recht: „Greifen Sie zum Äußersten: Reden Sie mit Ihren Mitarbeitern.“ Ziehen Sie ein Telefonat einer E-Mail oder WhatsApp vor. Konflikt- und Kritikgespräche lassen sich per Videokonferenz führen.
  5. Im Unternehmen retten Flurfunk und Kaffeepausen einen Teil der Kommunikation. Dies entfällt im Home-Office. Speichern Sie wichtige Infos für alle Mitarbeiter zentral ab.

Und bevor Ihre Mitarbeiter ins Home-Office gehen, müssen Sie Ihre Erwartungen abgleichen. Für alle Mitarbeiter – auch für Sie – müssen dieselben Spielregeln gelten (siehe nachfolgender Punkt).

Erwartungen an Mitarbeitern (im Home-Office)

Mit Erwartungen (UH33: Führen mit Erwartungen) beschreiben Sie den Handlungsspielraum Ihrer Mitarbeiter. Unklare Erwartungen des Vorgesetzten demotivieren Mitarbeiter. Denn nicht erfüllte Erwartungen führen beim Chef zu Unzufriedenheit und bei den Mitarbeitern zu Frust, da er aus seiner Sicht überraschende Kritik erfährt. Und der Mitarbeiter hatte keine Chance zu liefern.

Gerade beim Führen auf Distanz ist das Klären der Erwartungen des Vorgesetzten an seine Mitarbeiter noch entscheidender, da Distanz Feedback-Schleifen verlängert.

Überlegen Sie sich mindestens zu den folgenden Punkten Ihre Erwartungen:

  1. Müssen Sie auf Kernarbeitszeiten bestehen? Muss das Team zur gleichen Zeit online sein? Oder ist es ausreichend, wenn die Ergebnisse bis zum vereinbarten Termin vorliegen?
  2. Benötigen Sie feste Zeiten der Erreichbarkeit?
  3. Welche Antwortzeiten benötigen Sie? Wie lange können Sie auf die Beantwortung einer E-Mail warten?
  4. Der Umgang mit Vereinbarungen (UH26: Umgang mit Vereinbarungen) muss für alle gelten: Entweder werden Vereinbarung erfüllt oder es gibt eine rechtzeitige Information, wenn die Vereinbarung nicht eingehalten wird und einen neuen Lösungsvorschlag.

Überlegen Sie sich zu jeder Erwartung die Antwort auf die Frage: „Chef, warum erwarten Sie das?“ Und denken Sie daran: Je größer der Handlungsspielraum, desto motivierender die Aufgabe. Vermeiden Sie unnötige Einschränkungen. Erlaubt sind nur Einschränkungen, die dem Ergebnis nützen. So sind zum Beispiel starre Arbeitszeiten im Home-Office oft kritisch, da einige Mitarbeiter zum Beispiel die Arbeitszeit mit der Betreuung der Kinder oder der Pflege der Eltern ausbalancieren müssen.

Und jetzt sind Ihnen Ihre Erwartungen an das Arbeiten im Home-Office klar. Es gilt nun: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ (Erich Kästner). Besprechen und erklären Sie Ihren Mitarbeitern Ihre Erwartungen vor Beginn des Home-Office. Falls nicht erfolgt, dann holen Sie es so schnell wie möglich nach.

4 Befähigen Sie Ihre Mitarbeiter

Ihre Mitarbeiter benötigen neben dem richtigen technischen Equipment, vielleicht auch Hilfe beim selbstorganisierten Arbeiten. Wie bringt man geschäftliche und private Verpflichtungen am besten unter einem Hut? Tipps hierzu lesen Sie in der nächsten Umsetzungshilfe.

Grundsätzlich gilt: Je selbstbestimmter die Mitarbeiter bereits im Unternehmen arbeiten, desto leichter fällt es ihnen im Home-Office. Permanente Kontrolle und kleinteilige Anweisungen hingegen führen zur erlernten Hilflosigkeit. Selbstorganisation muss unter Umständen neu erlernt werden.

5. Sorgen Sie für funktionierende Technik

Ein kleiner Punkt, der aber jedes Home-Office scheitern lässt. Sorgen Sie als Vorgesetzter für funktionierende Technik. Nichts ist schlimmer als Technik, die aus Sicht des Mitarbeiters nicht funktioniert.

Sie können vorher alles richtig gemacht haben, wenn die Technik nicht funktioniert und der Mitarbeiter aus seiner Sicht nicht produktiv arbeiten kann, werden Sie scheitern. Und akzeptieren Sie das Problem bitte aus Sicht des Mitarbeiters, denn nur die zählt. Was die IT und die Geschäftsleitung denken, hilft dem Mitarbeiter nichts.

6. Teamgeist trotz sozialer Distanz

Stoßen Sie regelmäßige Teamtreffen an. Wenn man sich, wie bei Covid19, nicht an einem Ort treffen kann, dann organisieren Sie virtuelle Teammeetings.

Aber auch eine virtuelle Kaffeepause kann helfen. Stellen Sie Ihrem Team einen virtuellen Kaffee-Raum zur Verfügung. Hier können sich die Mitarbeiter dann jeden Tag, zum Beispiel um 15:00 Uhr, zum kurzen informellen Austausch treffen.

7. Zusammenfassung /Tipps

  • Kommunikation passiert nicht automatisch. Führen Sie sie herbei.
  • Vereinbaren Sie feste Zeiten der Erreichbarkeit mit Ihren Mitarbeitern.
  • Verabreden Sie sich für ein wöchentliches Feedback Video-Telefonat.
  • Ziehen Sie ein Telefonat einer E-Mail oder WhatsApp vor.
  • Führen Sie mit eindeutigen Zielen und Kennzahlen.
  • Klären Sie die Erwartungen zum Home-Office zu Beginn.
  • Sorgen Sie für funktionierende Technik.

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