Umsetzungshilfe Nr. 88: Besser entscheiden im Team

Indem wir wichtige Entscheidungen im Team treffen, nehmen wir alle mit. Mit Teamentscheidungen möchten wir nicht nur die Akzeptanz steigern, sondern auch die Qualität der Entscheidung.  Fünf Personen wissen schließlich mehr als eine Person. Folglich können sie besser das Für und Wider abwägen. Soweit die häufige Annahme. Allerdings zeigt Praxis und Wissenschaft das bestimmte Gruppenprozesse den freien Austausch von Wissen und Informationen verhindern. Und noch schlimmer: Gruppen treffen unter bestimmten Umständen extremere Entscheidungen als Einzelpersonen.

Mit dieser Umsetzungshilfe schärfen wir Ihren Blick für kritische Prozesse innerhalb der Gruppe und zeigen Ihnen mögliche Abwehrstrategien. Damit helfen wir Ihnen mit Ihren Teams bessere Entscheidungen zu treffen.

1. Erst Brainwriting dann Brainstorming

Das Problem: Häufig wird Brainstorming genutzt, um möglichst viele Ideen im Team zu produzieren. Allerdings zeigen Untersuchungen, dass durch klassisches Brainstorming nicht nur weniger, sondern auch schlechtere und weniger kreative Ideen erzeugt werden. Die Gründe hierfür sind zahlreich. Zum einen blockieren sich die Brainstormer gegenseitig, indem sie auf andere Rücksicht nimmt, diese zum Beispiel ausreden lässt Dadurch werden eigene Ideen überlagert oder wieder vergessen. Des Weiteren halten einige Teilnehmer Ideen zurück, weil sie fürchten, dass die Idee als schlecht bewertet werden. Deshalb entwickeln sich häufig Brainstorming-Sessions in eine Richtung. Zusätzlich besteht auch die Gefahr des sozialen Faulenzens. Einzelne Teilnehmer bringen sich im schlimmsten Fall gar nicht ein. Warum sich anstrengen, wenn die anderen so fleißig Ideen produzieren?

Ihre Abwehrstrategie: Jeder Teilnehmer schreibt seine Ideen zu einem Thema in Ruhe für sich auf. Nach einer festgelegten Zeit muss jeder Teilnehmer seine Ideen vollständig vortragen.

2. Verbreitern Sie die Wissensbasis in der Gruppe, fordern Sie zum kritischen Denken auf

Das Problem: In einem Team gibt es Informationen, die von fast allen Mitgliedern geteilt werden. Je mehr Teammitglieder eine bestimmte Information besitzen desto wahrscheinlicher ist es, dass diese Information im Laufe der Diskussion zur Sprache kommt. Umgekehrt verhält es sich mit seltenen Informationen. Informationen, die nur wenige Mitglieder der Gruppe besitzen. Diese kommen mit deutlich geringerer Wahrscheinlichkeit zur Sprache. Deshalb fallen diese häufig hinten runter.

Dieses Problem wird in der Praxis durch normativen Druck innerhalb der Gruppe noch verschärft. Derjenige, der eine seltene und neue Information anspricht riskiert soziale Ablehnung von den anderen Gruppenmitgliedern. Dies gilt umso stärker, je stärker dieser Punkt im vermeintlichen Widerspruch zu den bisher besprochenen Punkten steht. Konformitätsdruck steigert die Wahrscheinlichkeit, dass man seine eigene Position zurückhält. Man schließt sich des sozialen Friedens willen dem vermeintlichen Gruppenstandpunkt an. Zweifel werden unterdrückt und nicht geäußert.
Dadurch gehen dem Team aber unter Umständen wichtige Informationen verloren, die das Team vor einer fatalen Fehlentscheidung bewahren könnte.

Ihre Abwehrstrategien:
1. Trennen Sie Diskussion und Entscheidung:
Fordern Sie am Anfang Ihr Team auf, möglichst viele Alternativen zu erarbeiten. Erst im Anschluss werden die erarbeiteten Alternativen gemeinsam bewertet. Für wichtige Entscheidungen bietet sich eine Nutzwertanalyse mittels Entscheidungsmatrix an. Hierzu bekommen Sie die Umsetzungshilfe 89.

2. Geben Sie ausreichend Zeit für die Diskussion bei wichtigen Entscheidungen. Je straffer eine Diskussion moderiert wird, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass Informationen ausreichend ausgetauscht werden. Dies gelingt Ihnen, indem Sie die Agenda des Meetings nach Wichtigkeit priorisieren. Beginnen Sie mit den strategisch wichtigen Themen. Dann haben Sie die höchste Aufmerksamkeit und die meiste Zeit für die wichtigen Themen.

3. Benennen Sie einen Advocatus Diaboli. Fordern Sie ein Teammitglied auf, einen abweichenden Standpunkt zu vertreten. Sobald ein erster Teilnehmer eine abweichende Meinung einbringt, sinkt der Konformitätsdruck. Anderen fällt es jetzt leichter ihren abweichenden Standpunkt zu äußern. Ihr Team wird offener für abweichende Informationen und Meinungen.

4. Zum Streit auffordern: Indem Sie als Moderator Ihr Team zum kritischen Denken auffordern, steigern Sie die Konfliktbereitschaft. Und gehen Sie als Vorbild voran und sorgen Sie für die Wertschätzung kontroverser Ideen.

Besetzen Sie Ihre Teams mit vielseitigen Fähigkeiten und Erfahrungen und suchen Sie nach Gegenargumenten

Das Problem: Wenn die Mitglieder einer Gruppe zu einem ähnlichen Standpunkt tendieren, dann kann die Diskussion in der Gruppe zu einer Extremisierung des Standpunktes führen. Wenn die Mitglieder ursprünglich ein gewisses Risiko befürworten, dann fällt die Gruppenentscheidung riskanter aus als jede Einzelentscheidung (risky shift phenomenon). Wenn die Mitglieder ursprünglich einen vorsichtigen Standpunkt vertreten, dann fällt die Gruppenentscheidung nach der Diskussion vorsichtiger aus als jede ursprüngliche Einzelmeinung (cautios shift phenomenon). Die Gruppenentscheidung spiegelt nicht mehr die ursprüngliche Risikobereitschaft der Gruppenmitglieder vor der Diskussion wider.

Zu dieser Gruppenpolarisierung kommt es, weil in homogenen Gruppen die eigene Meinung von anderen Teilnehmern wiederholt wird. Die Teammitglieder bestärken ihren Standpunkt dadurch gegenseitig. Auch dieser Effekt wird durch normativen Druck gesteigert. Wenn in einer Gruppe ein Standpunkt vorherrscht, bekommt derjenige Anerkennung von der Gruppe, der einen etwas extremeren Standpunkt vertritt. Man wird dann als prinzipientreu und mutiger Vordenker wahrgenommen.

Ihre Abwehrstrategien:

1.Homogene Gruppen vermeiden: Wenn sich die einzelnen Mitglieder in ihren Erfahrungen, in ihrem Bildungsweg oder kulturellen Hintergrund unterscheiden, dann ist es unwahrscheinlicher, dass sich die Standpunkte ähneln. Dadurch beugen Sie der Gruppenpolarisierung vor.
2. Suchen Sie im Team gezielt nach Gegenargumenten zu den mehrheitlich in der Gruppe vertretenen Standpunkt.
3. Nutzen Sie strukturierte Entscheidungshilfen, z.B. Bewertung mittels Entscheidungsmatrix

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung und sehr gute Entscheidungen im Team ?
Ihre Umsetzungshelfer
Enrico Briegert & Thomas Hochgeschurtz
Ressourcen:
Werth, L., Seibt, B. & Mayer. J. (2020): Sozialpsychologie – Der Mensch in sozialen Beziehungen. Interpersonale und Intergruppenprozesse (2. Aufl.). Berlin: Springer.

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